1. Mai in Berlin: Polizei verlegt Route der „Revolutionären Demo“

Linksradikale Gruppen sind empört über die angeordnete Routenänderung. Sie werfen den Behörden vor, „einen als Straßenfest getarnten Polizeikessel“ aufbauen zu wollen.

Vermummte Demonstranten in Berlin.
Vermummte Demonstranten in Berlin.Imago

Der Streit um die Strecke der linken und linksradikalen Demonstration am Abend des 1. Mai ist wenige Tage vor dem Termin noch nicht geklärt. Das Veranstalter-Bündnis der Demonstration beschwerte sich am Donnerstag erneut über die vom Bezirk Neukölln geplanten Straßenfeste auf der Strecke über die Sonnenallee und eine Verlegung in kleinere Straßen wie die Weserstraße. Die neue Route biegt von der Sonnenallee ab und führt durch Weichselstraße, Weserstraße, Reuterstraße und Pflügerstraße zum Kottbusser Damm und dann zum Kottbusser Tor und Oranienplatz. Die Demo soll von 16 bis 22 Uhr gehen, wie die Polizei mitteilt.

Man sehe dadurch „die Gefahr, dass die Polizei die Demonstration an dieser Stelle – vorsätzlicherweise – angreifen und auflösen könnte“, teilten die Organisatoren mit. Die Polizei versuche, „gemeinsam mit dem Bezirksamt einen als Straßenfest getarnten Polizeikessel aufzubauen“. Der Bezirk Neukölln sagt hingegen, die Feste seien schon länger geplant als die Strecke bekannt sei. Die Versammlungsbehörde der Polizei führt weiterhin Gespräche dazu. Ob die Veranstalter der linken und linksradikalen Demonstration gegen die neue Strecke klagen werden, stand am Donnerstag zunächst nicht fest. „Wir haben von der Polizei noch keinen offiziellen Bescheid erhalten“, sagte eine Sprecherin. Wenn die Polizei die neue Strecke auch formell mitteile, werde das geprüft und entschieden, wie man vorgehe.

Interne Gefährdungsbewertung der Polizei

In einer internen Gefährdungsbewertung der Polizei wird laut Bild-Zeitung das Kottbusser Tor kurz vor dem Ende der Strecke als „neuralgischster und somit störanfälligster Ort der ganzen Aufzugsstrecke“ eingestuft. Dort könnte es zur „Initialzündung für gewalttätige Aktionen kommen“. Das hänge auch damit zusammen, dass dort schon bald eine seit längerem angekündigte Polizeiwache eingerichtet werden soll. Die Wache und die „empfundene Repression“ durch die Polizei hätten „bereits jetzt einen großen Stellenwert und entsprechenden Widerhall bei der Migrantifa und bei deutscher linker Klientel gefunden“.

Auch Polizeipräsidentin Barbara Slowik betonte in der Berliner Morgenpost: „Das Kottbusser Tor ist sicherlich ein neuralgischer Punkt. Zu erwarten ist dort, dass einige der Demonstranten ihre Ablehnung der dort geplanten Kotti-Wache besonders deutlich zum Ausdruck bringen.“ Insgesamt seien 5500 Polizisten im Einsatz.

Corona-Masken erlaubt, Sturmhauben zur Vermummung verboten

Slowik sagte weiter, gegen Gewalttäter aus der linksautonomen Szene und anderen Bereichen werde die Polizei „konsequent vorgehen“. Sowohl bei palästinensischen Demonstrationen wie auch am 1. Mai gebe es gewaltbereite Jugendgruppen, „die keinen ideologischen Unterbau hatten, sondern einfach Straftaten begehen wollten“, sagte Slowik. „Gewalttäter werden wir gezielt ausschließen – soweit rechtlich möglich.“ Es gebe auch Beschränkungen für die Teilnehmer. So seien Corona-Masken erlaubt, aber sogenannte Sturmhauben zur Vermummung verboten.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte kürzlich gesagt, am Abend bei der traditionellen 16-Uhr-Demonstration der linken und linksextremen Szene sei „höchstwahrscheinlich“ mit Gewaltausbrüchen zu rechnen. 500 Teilnehmer aus der linksextremen Szene würden erwartet. Ein kleiner Teil der Demonstranten werde wohl die Lage ausnutzen für „Stein-, Pyrotechnik- oder Flaschenwürfe“. Insgesamt werden 5000 bis 20 000 Teilnehmer erwartet. Seit 1987 gibt es am Abend des 1. Mai in Kreuzberg oder anderen Stadtteilen mehr oder weniger große Gewaltausbrüche und Auseinandersetzungen mit der Polizei.