1. Mai in Berlin: „Revolutionäre Demonstration“ gegen neuen CDU/SPD-Senat geplant
Seit 1987 demonstrieren Zehntausende jährlich am 1. Mai. Sie fordern Veränderung und „Revolution“. Dieses Jahr steht die neue Polizeiwache am Kottbusser Tor im Fokus.

Der Hotspot der diesjährigen linken und linksradikalen Demonstration am Abend des 1. Mai in Berlin ist klar: die neue Polizeiwache direkt am Kottbusser Tor in Kreuzberg. Auf der Karte der Organisatoren sind der Anfangs- und Endpunkt der „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“ markiert und als dritter Punkt am „Kotti“: „Bullenwache“. Die traditionelle Demonstration linksradikaler Gruppen beginnt wie immer um 18.00 Uhr, diesmal in Neukölln auf der Hermannstraße, wie das Veranstalter-Bündnis in seinem Aufruf mitteilte.
Sie führt dann über Hermannplatz, Karl-Marx-Straße, Sonnenallee und Kottbusser Damm zum Kottbusser Tor und Oranienplatz. Schon im vergangenen Jahr, als die Polizeiwache in dem Hochhaus über der Adalbertstraße noch im Bau war, schützte die Polizei den Bereich besonders mit Gittern und vielen Polizisten.
1. Mai-Demonstration: Berliner Polizei mit tausenden Polizisten im Einsatz
Auch dieses Jahr ist dort wieder mit Absperrungen zu rechnen. Die Berliner Polizei wird wie jedes Jahr wegen der vielen Veranstaltungen mit insgesamt einigen tausend Polizisten im Einsatz sein, darunter auch Verstärkung aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei.
Auch bei der Justiz gilt der 1. Mai als Großlage, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Beim Bereitschaftsgericht am Tempelhofer Damm sind dann vom 30. April bis 2. Mai in der Regel alle fünf Richterinnen und Richter im Dienst, es gibt eine gesonderte Rufbereitschaft mit jeweils zwei Richtern in der Nacht. Erfahrungsgemäß fällt die meiste Arbeit am 2. Mai an. Da das ein Wochentag ist, ist aus Sicht der Justiz keine weitere Aufstockung nötig.
Demonstration Kreuzberg: Gewalt und Straßenschlachten seit 1987
Seit 1987 kam es am 1. Mai in Kreuzberg bei abendlichen Veranstaltungen und Demonstrationen immer wieder zu Gewaltausbrüchen von Linksautonomen und Straßenschlachten mit der Polizei. In den vergangenen mehr als zehn Jahren beruhigte sich die Lage weitgehend. 2021 endete die Demonstration allerdings bereits auf der Sonnenallee in Neukölln, weil dort zahlreiche Teilnehmer randalierten. 2022 erreichte der Demonstrationszug mit mehr als 10.000 Teilnehmern ohne größere Zwischenfälle den Oranienplatz, wo es kleinere Auseinandersetzungen mit der Polizei gab.
In diesem Jahr schrieben die Veranstalter der 18.00-Uhr-Demonstration in ihrer Ankündigung mit Blick auf den neuen Berliner Senat: „Wir wünschen der kommenden CDU/SPD-Koalition in Berlin viele medienwirksame Skandale vor ihrem schnellen Ende. Dazu werden wir am 1. Mai beitragen.“
Linke Gruppen im Grunewald: „Ab jetzt wird die richtige Kohle abgebaggert“
Schon am Nachmittag des 1. Mai wollen linke Gruppen mit satirisch-bunten Aktionen und Demonstrationen durch den Villen-Stadtteil Grunewald ziehen. In Anspielung an die Demonstrationen um den Kohlebergbau in Lützerath wurde angekündigt, dass Villenviertel Grunewald werde abgebaggert. „Der Wille zur Yacht und die Villen der Macht sind verantwortlich für die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Hier müssen wir ansetzen. Ab jetzt wird die richtige Kohle abgebaggert.“
Geleitet wird die Aktion von der „RWE - Reichtum wird enteignet“. Ein Video zu dem Protest ist aufgemacht wie Werbefilme der Energie- und Stromkonzerne. Beteiligt an den Aktionen und Demonstrationen sind auch Klimaschutz-Gruppen wie Letzte Generation und Fridays For Future, aber auch die als linksextrem eingestufte Interventionistische Linke.
Weitere große Demonstrationen am 1. Mai sind wie üblich von Gewerkschaften und verschiedenen Parteien wie der Linken angekündigt.
Straßenfest: Kreuzberger „MyFest “ findet nicht statt
Das früher so beliebte Kreuzberger „MyFest“ mit Zehntausenden Besuchern und völlig überfüllten Straßen in Kreuzberg findet nicht statt. Der Bezirk und die Organisatoren stritten sich zuletzt noch.
Das „MyFest“ war 2003 gegründet worden, um 1. Mai-Demonstration und die Gewaltausbrüche von der Oranienstraße fern zu halten. In den folgenden Jahren wurde das Fest immer größer, den ganzen Tag und die halbe Nacht feierten Tausende Menschen lautstark und hinterließen riesige Müllberge und zerstörte Grünflächen. Die Anwohner waren genervt, der von den Grünen geführte Bezirk wollte die Feierei nicht mehr.
Der Veranstalterverein warf Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) in einem offenen Brief „bezirkliche Hinhaltepolitik“ und „fehlende Unterstützung“ vor. Herrmann habe mit „formalen und unglaubwürdigen Finessen“ das Stadtteilfest abgewürgt. Das Bezirksamt erwiderte, der Verein sei nicht bereit gewesen, „das Fest entlang der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu planen“. Erwartet wird aber trotzdem, dass sich zahlreiche Menschen in den Straßen rund um die Oranienstraße zum Trinken, Essen und Feiern versammeln.
1. Mai in Berlin: Demonstrationen auch schon für Sonntag geplant
Bereits am Sonntagabend, dem Vorabend des 1. Mai, ziehen zwei linke Demonstrationen durch die Stadt. Ab 16 Uhr heißt es im Wedding zwischen Seestraße und Pankstraße: „Frieden statt Kapitalismus – Wettrüsten stoppen und Armut beenden“. Abends demonstrieren Frauen in Kreuzberg: „Take back the night. Queer-feministische Demonstration.“
