49-Euro-Ticket kommt am 1. Mai

Lange wurde debattiert, wann der Nachfolger des 9-Euro-Tickets wirklich startet. Jetzt steht ein Datum fest. Doch Berliner Zusatzangebote sind nicht in Sicht.

Mit dem 49-Euro-Ticket kann der ÖPNV bundesweit genutzt werden
Mit dem 49-Euro-Ticket kann der ÖPNV bundesweit genutzt werdenSabine Gudath

Das seit Langem versprochene Deutschlandticket, das 49 Euro im Monat kostet, soll nun tatsächlich zum 1. Mai 2023 kommen. Bund und Länder haben sich auf dieses Startdatum geeinigt. Das sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer am Freitag nach der Sitzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Der Grünen-Politiker ist Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz.

Das neue Ticket soll in ganz Deutschland im gesamten Nah- und Regionalverkehr gelten, also zum Beispiel auch bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und der S-Bahn Berlin. Anders als das 9-Euro-Ticket, das im vergangenen Sommer monatsweise verkauft wurde, soll es sich den bisherigen Planungen zufolge um ein Jahresabonnement handeln. Jeder Fahrgast ab sechs Jahren wird ein eigenes Ticket brauchen, eine Übertragbarkeit ist nicht vorgesehen. Die kostenlose Mitnahme von Hunden und Fahrrädern ist nur in den Gebieten möglich, wo Verkehrsverbünde dies für andere Abos bereits auch vorsehen. Der Preis des Jahresabos von 49 Euro pro Monat ist auf zunächst zwei Jahre festgelegt.

„Die Ticketrevolution kann kommen – das deutschlandweite 49-Euro-Ticket wird in drei Monaten, am 1. Mai, eingeführt. Das ist großartig und wäre noch vor einem Jahr nicht denkbar gewesen: Wir werden in Berlin die Chance nutzen, die Mobilitätswende damit auf ein neues Niveau zu heben, gemeinsam mit unserem Partner Brandenburg“, sagte Berlins Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne).

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erwartet rund 5,6 Millionen neue Abonnenten. Von den rund 14 Millionen Menschen, die bereits ein Abo besitzen, würden elf Millionen wechseln. Zum Vergleich: Das 9-Euro-Ticket, das der Bund im Juni, Juli und August 2022 als Gegenstück zum Tankrabatt finanziert hatte, wurde in diesen drei Monaten insgesamt rund 52 Millionen Mal verkauft – allein in Berlin 4,5 Millionen Mal.

Zustimmung der Europäischen Kommission steht weiterhin aus

Allerdings sind weiterhin einige Hürden zu nehmen, bis das Deutschlandticket wirklich kommen kann. So steht die Zustimmung der EU-Kommission noch aus, bestätigte Krischer am Freitag. Das Geld, mit dem der Bund und die Länder die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen ausgleichen sollen, ist vergleichbar mit einer staatlichen Beihilfe. Es sei essenziell, dass die Betriebe rechtlich auf der sicheren Seite seien, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff vor wenigen Tagen.

Ein zweites Thema, über das derzeit diskutiert wird: Wer genehmigt den neuen Tarif? Eigentlich wären die 16 Bundesländer dafür zuständig, erklärte Wolff. Doch die Gefahr bestünde, dass hier und da die Genehmigung versagt werde und damit bundesweit ein Flickenteppich entsteht. Der VDV setze sich dafür ein, dass zumindest für das erste Jahr die Genehmigung vom Bund erteilt werde – wie im Sommer für das 9-Euro-Ticket.

Nur auf dem Handy und Chipkarten – oder auch als Papierfahrkarte?

Auch die Frage, in welcher Form das Deutschlandticket angeboten werden soll, ist noch nicht entschieden. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) setzt sich dafür ein, dass es ausschließlich digital zu haben ist. Doch viele potenzielle Fahrgäste hätten kein Mobiltelefon, so Wortmann. „Bis Ende 2023 brauchen wir eine Zwischenlösung“ – zusätzlich zu einem Chipkarten- und Handyticket. Die Lösung könnte so aussehen, dass die Kundendaten zwar digital gespeichert werden, aber ein Ausdruck als Ticket genügt.

„Jetzt ist auch der Weg frei, das neue Ticket zu rabattieren. Das heißt, es kann für Beschäftigte ein attraktives Jobticket geben, und auch für die, die sich 49 Euro nicht leisten können – junge Menschen und andere – ein deutschlandweit gültiges, noch günstigeres Angebot“, so Senatorin Jarasch. „Weil wir zugleich den ÖPNV massiv weiter ausbauen, können Menschen endlich das Auto öfter stehen lassen und Bahn fahren. So geht Klimaschutz, und so geht soziale Gerechtigkeit!“

Wie berichtet, sprechen die Länder Berlin und Brandenburg seit einiger Zeit darüber, ob und welche regionalen Zusatzangebote möglich wären. Damit möchte die  Mobilitätssenatorin der Berliner SPD, die das 29-Euro-Ticket in Berlin weiterführen möchte, länderübergreifende attraktive Angebote entgegensetzen. Die Brandenburger Verkehrsbetriebe lehnen das 29-Euro-Ticket ab.

Umweltverband weiß, wie man den Preis noch deutlich drücken kann

Unterdessen schlägt Tilmann Heuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Berlin vor, das 49-Euro-Ticket als Gehaltsbestandteil auszugeben. „Gegenüber den heutigen Monatskarten in regionalen Verbünden reduziert sich Preis für Menschen, die viel mit dem Nahverkehr unterwegs sind oder sein wollen, massiv“, teilte der BUND mit. "Bei Nutzung von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten durch Jobtickets können Arbeitgeber:innen für viele Arbeitnehmer:innen die Kosten des bundesweiten Tickets zudem auf einen Netto-Preis von Null bis 30 Euro absenken – wie dies bereits heute bei vielen Unternehmen der Fall ist."

Allerdings stößt die Umsetzung des Plans, das Deutschlandticket in der Hauptstadt-Region durch weitere neue Angebote zu ergänzen, auf politische Bedenken und praktische Probleme. Das sagte Frank Wruck von der Barnimer Busgesellschaft (BBG), der für die Unternehmen im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) spricht.

Geplante regionale Zusatzangebote stoßen auf Probleme

„Das Bundesverkehrsministerium möchte, dass bundesweit auf mögliche Zusatztickets verzichtet wird und diese Angebote erst später in den Markt starten“, teilte Wruck der Berliner Zeitung mit. Zwar wünsche sich die Berliner Politik in der Tat, Zusatzangebote auf den Weg zu bringen. „Allerdings ist unklar wie Sie kalkuliert werden sollen und ob es hier einen Ausgleich im Rahmen der Finanzierung des Deutschlandtickets gibt“, so der Unternehmenschef.

Wruck erinnerte daran, dass für den 1. April 2023 bereits eine Fahrpreisanhebung um 5,6 Prozent in Berlin und Brandenburg vereinbart worden sei. Es sei bereits schwierig, den Fahrgästen dies und die Einführung des Deutschlandtickets einen Monat später zu vermitteln. Dies werde die Vertriebsmitarbeiter schon gut auslasten, sagte er. „Hier noch zusätzliche Zusatztickets an den Start zu bringen, wird als nicht leistbar gesehen.“ Zudem sei derzeit noch nicht sicher, ob und wie diese Zusatztickets auf Chipkarten hinterlegt werden können. Dabei müssten sie vom Kontrollpersonal aller Verkehrsbetriebe im VBB gelesen werden können.