Aidshilfe: Prostituierte können Vorbilder in der Corona-Krise sein
DAH-Vorstand Ulf Kristal sagt, Sexarbeiterinnen seien „Profis im Infektionsschutz“. Sie könnten daher „Vorbilder für einen unaufgeregten und vernünftigen Umgang mit dem Corona-Risiko“ werden.

Berlin-Die Deutsche Aidshilfe (DAH) drängt darauf, Prostitution in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ab sofort wieder zu erlauben. „Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter müssen umgehend wieder ihrer Tätigkeit nachgehen dürfen, in Bordellen, mobil und auf der Straße“, teilte der Verband mit Sitz in Berlin mit. Nachbarländer wie Belgien, die Niederlande, Österreich, die Schweiz und Tschechien hätten diesen dringend notwendigen Schritt bereits vollzogen.
„Sexarbeit darf nicht anders behandelt werden als andere Tätigkeiten mit engem Körperkontakt", sagte Ulf Kristal vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe. Der Gleichheitsgrundsatz gelte „unabhängig von moralischen Bewertungen. Niemand hat darüber zu urteilen, ob für jemand anderen ein Friseurbesuch oder ein sexuelles Erlebnis wichtiger ist“. Zudem liegen nach Kristals Worten „entsprechende Hygienekonzepte“ vor. Eine hundertprozentige Sicherheit vor der Ansteckung mit Corona werde „auch in anderen Branchen nicht gefordert und wäre ohnehin illusorisch“.
Männliche wie weibliche politische Akteure, die ein prinzipielles „Sexkaufverbot“ in Deutschland erwirken wollen, haben laut Kristal „die Mär von Sexarbeiterinnen als Superspreadern in die Welt gesetzt“. Das sei nicht nur fachlich falsch, sondern stigmatisiere zudem Menschen in der Prostitution. Im Gegenteil sind Prostituierte nach Überzeugung der Deutschen Aidshilfe „seit jeher Profis, wenn es darum geht, sich vor Infektionen zu schützen und zudem daran gewöhnt, Safer Sex durchzusetzen“. Daher könnten sie „vielleicht sogar Vorbilder für einen unaufgeregten und vernünftigen Umgang mit dem Corona-Risiko“ werden.
Unabhängig von dem offiziellen Verbot findet Sexarbeit laut DAH „trotzdem statt. Viele Sexarbeiterinnen müssen arbeiten, um ihr Überleben zu sichern, weil staatliche Hilfen für sie nicht zugänglich sind oder nicht ausreichen. Und sexuelle Bedürfnisse lassen sich nun einmal nicht verbieten“. Weil die Prostitution derzeit aber im Verborgenen stattfinde und Prostituierte damit in einer „schwächeren Position“ gegenüber ihren Freiern seien, könnten „Dumpinglöhne ebenso die Folge sein wie der Verzicht auf Safer Sex“.