Üble sexistische Beleidigungen: Linke Landeschefin tritt aus Partei aus
Melanie Wery-Sims holt in einem Schreiben zu einem Rundumschlag gegen die Linke aus. Auch Parteichefin Janine Wissler wird massiv kritisiert.

Die Co-Vorsitzende der rheinland-pfälzischen Linken, Melanie Wery-Sims, ist nach sexistischen Äußerungen gegen sie sowie aufgrund innerparteilicher Grabenkämpfe aus der Partei ausgetreten. Neun Monate nach ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden erklärte die 38-Jährige am Montag auf Twitter: „Mittlerweile stehe ich nicht mehr hinter einem zu großen Teil unserer Programmatik.“ Einer der Gründe: Ein Kreisvorsitzender konnte Bilder von ihr ungestraft als „Wichsvorlage“ bezeichnen und Behinderte beleidigen. Auch Parteichefin Janine Wissler wird scharf angegangen.
In den sozialen Medien geht die ehemalige Landeschefin der Linken in Rheinand-Pfalz mit der Partei hart ins Gericht. Wery-Sims erwähnte die innerparteilichen Diskussionen über Sexismus sowie sexualisierte Übergriffe in den eigenen Reihen, die Haltung der Partei zu Russland und ihre auf dem Parteitag im Juni gescheiterte Kandidatur als Bundesschatzmeisterin.
Auf Facebook veröffentlichte Wery-Sims einen langen Text, der wie ein Rundumschlag gegen die Partei wirkt. Der Umgang der Linken mit den #Metoo-Vorwürfen sei „unsäglich“ und es gebe noch immer keine Konsequenzen. „So darf ein spezieller Kreisvorsitzender wohl weiterhin meine Fotos auf Facebook als Wichsvorlagen bezeichnen, einen anderen Genossen als ‚behindert‘ betiteln (das Wort überhaupt als Beleidigung zu nutzen, ist schon ein Unding) und Mitarbeiter*innen beleidigen und bedrohen.“
Nach dem Seximus-Skandal bei den Linken hatte sich Wery-Sims für einen kompletten personellen Neuanfang der Bundespartei ausgesprochen. Im April wurde enthüllt, dass es im hessischen Landesverband über Jahre zu sexuellen Übergriffen gekommen sein soll. Zehn Männer und Frauen erhoben Vorwürfe gegen Mitglieder der Partei.
Auch die Ausrichtung der Außenpolitik in Bezug auf Russland und dem Ukraine-Krieg könne sie nicht mehr mittragen. Sie schreibt. „Auch dass ich zum „rechten Flügel“ der Partei gezählt werde, klingt für mich wie ein schlechter Witz.“ Parteigenossen hätten ihr gesagt, als Landesvorsitzende müsse sie auch die „Putinversteher*innen“ vertreten. „Das kann und möchte ich nicht, da es gegen all meine Prinzipien verstößt.“ Als sie ein T-Shirt mit „FCK Putin“ getragen habe, sei sie gefragt worden, wo denn ihr „FCK Obama“-T-Shirt sei.
Zudem habe sie massive Probleme damit, wie Parteichefin Janine Wissler sie von einer Kandidatur zur als Bundesschatzmeisterin abbringen wollte. „Als ich für das Amt der Bundesschatzmeisterin kandidierte, sagte mir die Vorsitzende klipp und klar, dass sie mich dort nicht sieht. Denn ich müsse ja mit meinen Kindern nach Berlin ziehen, was sicherlich keine Option wäre“, schreibt Wery-Sims.
Weiter heißt es: „Zudem könne man mich für das Amt nicht bezahlen, da nun alle finanziell zurückstecken müssen (aus dem Mund einer Bundestagsabgeordneten ist das eigentlich Realsatire).“
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— (☝◞‸◟)☞ Thus spoke: (@MelanieWerySims) August 1, 2022
Nichtsdestotrotz ist es der richtige Schritt.
Seit heute Mittag bin ich kein Mitglied der Linkspartei mehr. Die Gründe dafür könnt Ihr in den Screenshots nachlesen. #dielinke #russland #linkemetoo #abschied #neuanfang #neuewegegehen pic.twitter.com/lIJuV6QqdV
Wissler sitzt für die Linke im Bundestag (monatlich 10.323,29 Euro). Auf eine Nachfrage des Nachrichtenmagazins Spiegel erklärte die Bundesparteivorsitzende zu den Vorwürfen: „Wie ich in der Austrittsbegründung wiedergegeben werde, weise ich zurück. Melanie Wery-Sims hatte mich vor dem Bundesparteitag um ein Telefonat gebeten wegen ihrer Kandidatur zur Bundesschatzmeisterin. In dem Telefonat habe ich ihr gesagt, dass ich den anderen Kandidaten Harald Wolf unterstütze. Für mich war es immer wichtig in der Partei ehrlich in der Rückmeldung zu Kandidaturen zu sein. Das war ich auch in diesem Fall.“
Mit dem Parteiaustritt ist der Landesverband vorerst führungslos, die Nachfolge ist noch nicht geregelt. Wery-Sims wolle weiter politisch tätig bleiben - „aber aktivistisch kann ich so viel mehr erreichen als innerhalb der Partei“.
