Amoklauf von Hamburg heizt Debatte über Waffenrecht an
Der Täter von Hamburg war legal im Besitz einer Waffe. Bundesinnenministerin Faeser stellt das deutsche Waffenrecht angesichts des Amoklaufs nun auf den Prüfstand.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nach dem Amoklauf in Hamburg auf eine Verschärfung des Waffenrechts gepocht - und zugleich eine Überprüfung des von ihr dazu vorgelegten Gesetzentwurfs angekündigt. Die furchtbare Tat mit acht Toten zeige, „wie notwendig Änderungen“ im Waffenrecht seien, sagte Faeser am Freitagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Der von ihr dazu vorgelegte Gesetzentwurf solle nun nochmals auf mögliche „Lücken“ überprüft werden.
Über den von ihr im Januar vorgelegten Entwurf für ein schärferes Waffenrecht müsse man angesichts der Tat „sicher diskutieren“, sagte Faeser. Dieser müsse womöglich erweitert werden. In Faesers Gesetzentwurf ist ein Verbot von kriegswaffenähnlichen, halbautomatischen Waffen für Privatleute vorgesehen. Die in Hamburg genutzte Tatwaffe, eine halbautomatische Pistole, würde allerdings nicht unter das Verbot fallen. Der mutmaßliche Täter war als Sportschütze registriert, der 35-Jährige besaß die Waffe legal.
Faeser zu Verschärfung des Waffenrechts: „Erneut an Gesetz gehen“
Die Bundesregierung müssen erneut „an das Gesetz gehen und schauen, gibt es noch Lücken“, sagte die Innenministerin mit Blick auf den von ihr vorgelegten Entwurf. Im Waffengesetz solle beim Antrag auf eine Waffenbesitzkarte künftig überprüft werden, „ob jemand psychologisch geeignet ist“.
Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, stellte die Vorschriften zur psychologischen Eignung von Waffenbesitzern in Frage. Es sei „mehr als fragwürdig, warum nur Unter-25-Jährige ein amtsärztliches oder psychologisches Gutachten vorlegen müssen bei der Beantragung einer waffenrechtlichen Erlaubnis“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Waffenbesitzkarte: Grüne fordern Gutachten für alle Antragsteller
Da Schusswaffen in den falschen Händen Menschenleben gefährden, sollten solche Gutachten alle Antragsteller - egal welchen Alters - vorlegen müssen, forderte Mihalic. Auch sollten entsprechende Eignungsüberprüfungen eigentlich in regelmäßigen Abständen wiederholt werden müssen. Es müsse nun geprüft werden, wie der mutmaßliche Amokläufer an seine Waffenerlaubnis gekommen sei.
„Hundertprozentig können wir solche Amokläufe nicht verhindern, aber wir tun aktuell bei weitem noch nicht alles, was möglich ist, damit Menschen wie der Amokläufer von Hamburg nicht an Schusswaffen gelangen“, sagte Mihalic.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, sagte seinerseits dem RND: „Der Täter von Hamburg hatte offenbar als Sportschütze legal Zugang zu Waffen.“ Nun müsse geklärt werden, warum die Kontrollen des Täters keine Anzeichen für eine Gefahr geliefert und nicht zu einem Entzug der Waffenbesitzerlaubnis geführt hätten.
Amoklauf von Hamburg: Weitere Einzelheiten zum Täter bekannt
Am zweiten Tag nach der Amoktat mit Toten und Verletzten in den Räumen der Zeugen Jehovas in Hamburg setzte die Polizei ihre Ermittlungen fort. Inzwischen sind auch einige Einzelheiten zum Täter bekannt. Der 35 Jahre alte Philipp F. war ein ehemaliges Mitglied der Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas, die er vor eineinhalb Jahren freiwillig, aber offenbar nicht im Guten verlassen hatte, wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenbehörde am Freitag sagten.
Bei der Tat am Donnerstag starben sieben Menschen und der Täter selbst, acht weitere Menschen wurden verletzt. Zu den Toten zählt die Polizei auch ein ungeborenes Kind.
Der Amoktäter hatte mehr als 100 Mal geschossen. Bei den Todesopfern handelt es sich den Angaben zufolge um vier Männer, zwei Frauen und einen weiblichen Fötus im Alter von 28 Wochen. Die Männer und Frauen seien zwischen 33 und 60 Jahre alt, sagte der Leiter des Staatsschutzes der Polizei, Thomas Radszuweit. „Alle Todesopfer sind deutscher Staatsangehörigkeit und starben jeweils durch Schusseinwirkung.“
Amoklauf in Hamburg: Hinweis auf mögliche psychische Erkrankung des Täters
Die tödlichen Schüsse waren am Donnerstagabend gegen 21 Uhr während einer Veranstaltung im Gebäude der Gemeinde im Hamburger Norden gefallen. Die Polizei war schnell am Ort. Der Täter erschoss sich. Als Extremist war der 35-jährige Schütze nach Angaben aus Sicherheitskreisen nicht bekannt. Der Amoktäter stammt aus Memmingen in Bayern. Seit 2015 war er dpa-Informationen zufolge in Hamburg gemeldet.
Die Waffenbehörde erhielt nach Angaben von Meyer im Januar einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. Anfang Februar sei F. von zwei Beamten der Waffenbehörde unangekündigt aufgesucht worden. Es habe keine relevanten Beanstandungen gegeben. Die rechtlichen Möglichkeiten seien damit ausgeschöpft gewesen. Nach den Schüssen fand die Polizei laut Staatsanwaltschaft in der Wohnung des mutmaßlichen Täters auch eine größere Menge Munition.
Mögliche Konflikte innerhalb der Glaubensgemeinschaft schließen die Ermittler nicht aus. Hamburgs Polizeipräsident sagte, es gebe Hinweise auf einen Streit „möglicherweise aus dem Bereich der Zeugen Jehovas“. Nach Radszuweits Angaben hatte der Amokschütze die Gemeinde vor anderthalb Jahren freiwillig verlassen, „aber offenbar nicht im Guten“.
