Ampelkoalition will Schröders Altkanzler-Privilegien kürzen

Gerhard Schröder (SPD) steht wegen seiner Nähe zu Putin in der Kritik. Die Union will ihm die steuerlichen Zuwendungen kürzen – und auch die Ampelkoalition zieht jetzt mit.

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) könnten die staatlichen Zuwendungen gekürzt oder gestrichen werden.
Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) könnten die staatlichen Zuwendungen gekürzt oder gestrichen werden.dpa/Kay Nietfeld

Die Büromitarbeiter haben längst gekündigt, seine Partei legt ihm den Austritt nahe, jetzt muss SPD-Altkanzler Gerhard Schröder wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sogar um die staatliche Versorgung bangen. In der entscheidenden Sitzung des Haushaltsausschusses zum Etat 2022 in dieser Woche könnte ihm die Amtsausstattung gekappt werden. Entsprechende Anträge hat die Union nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eingereicht. Einzig den Personenschutz soll Schröder behalten dürfen. Dass der Oppositionsantrag durchkommt, ist zwar fraglich – doch auch in der Koalition wird die Ausstattung des Altkanzlers infrage gestellt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kündigte am Dienstag einen eigenen Koalitionsvorschlag an.

Üblicherweise bekommen ehemalige Bundeskanzler nach ihrer Amtszeit nicht nur ein von der Amtsdauer anhängiges Ruhegehalt, sondern auch ein Büro mit mehreren Mitarbeitern, einen Fahrer und eine Erstattung von Reisekosten. Grundlage dafür ist kein Gesetz, sondern lediglich ein sogenannter Maßgabebeschluss des Haushaltsausschusses – der auch einfach im Ausschuss geändert werden kann.

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Votum im Ausschuss ist entscheidend

Die Haushälter der Union wollen Schröder nun nicht nur die fünf Mitarbeiterstellen, sondern auch die Haushaltsmittel für seine Versorgung und die Reisekosten streichen. Der Altkanzler würde damit sein Ruhegehalt und sämtliche weitere staatliche Unterstützung bis auf den Personenschutz verlieren.

Schröder schade dem internationalen Ansehen Deutschlands, begründen die Haushälter die Anträge, die am Mittwoch und Donnerstag in der sogenannten Bereinigungssitzung behandelt werden sollen. Er habe sich trotz des Ukraine-Kriegs nicht vom russischen Präsidenten Wladimir Putin distanziert. Gleichzeitig halte er an seinen Posten in verschiedenen russischen Energieunternehmen fest. „Bundeskanzler a. D. Schröder stellt sich damit auf die falsche Seite der Geschichte“, heißt es in einer Antragsbegründung.

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Christian Haase betonte: „Er kann nicht zwei Staaten dienen beziehungsweise von zwei Staaten alimentiert werden.“ Schröder habe mehrfach Gelegenheit gehabt, sich gegen Putin und dessen Krieg auszusprechen – „immer wieder Fehlanzeige“, so Haase. „Es ist daher nur konsequent, die Amtsausstattung zu streichen.“ Er appellierte auch an die Ampelkoalition, Schröder nicht ungeschoren davonkommen zu lassen.

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt möchte die Streichung der Gelder so schnell wie möglich durchsetzen. „Ich glaube, dass es an der höchsten Zeit ist, dass die Privilegien für einen unverbesserlichen Putin-Lobbyisten beendet werden“, sagte Dobrindt.

Koalition ringt um Umgang mit Schröder

Nun reagieren die Ampel-Parteien auf den Vorstoß der größten Oppositionsfraktion. Tatsächlich ringt die rot-grün-gelbe Koalition um den richtigen Umgang mit dem Altkanzler. Finanzminister Christian Lindner (FDP) plädierte dafür, ihm das Büro zu streichen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) stellte zumindest die personelle Ausstattung des Büros infrage. Im vergangenen Jahr flossen für Personalausgaben im Büro des Altkanzlers 407.000 Euro aus der Staatskasse. „Wir werden einen eigenständigen Vorschlag für das Büro des Kanzlers a. D. im Haushaltsauschuss auf den Weg bringen“, sagte dazu Rolf Mützenich. Dabei solle es um einen Haushaltsvermerk gehen, der Ende der Woche in der sogenannten Bereinigungssitzung des Ausschusses zum Bundeshaushalt für das laufende Jahr vorgebracht werden soll. Zum Inhalt äußerte sich Mützenich darüber hinaus nicht.

Zugleich aber herrscht die Sorge, eine „Lex Schröder“ könne rechtlich angreifbar sein. Die Kappung der Altkanzler-Privilegien soll nicht politisch willkürlich oder wie eine Strafe für eine umstrittene Meinung wirken. Würde man die Alimentierung der Altkanzler aber generell kappen, stünde auch die Alimentierung von Ex-Kanzlerin Angela Merkel und irgendwann die von Olaf Scholz zur Disposition.

Die Union schlägt vor, die Sache grundlegend zu regeln: Gesetzlich soll festgelegt werden, dass ehemalige Regierungsmitglieder ihren Pensionsanspruch verlieren können, wenn sie dem Ansehen des Landes „erheblichen Schaden zufügen, indem sie sich für die Interessen eines ausländischen Staates verwenden“. Möglich wäre auch, die staatlichen Zuwendungen zeitlich zu begrenzen oder das Recht auf Ausstattung an die Höhe der Nebeneinkünfte zu koppeln. Schröder, der von 1998 bis 2005 Bundeskanzler war, übernahm danach Aufgaben unter anderem für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, die russische Gazprom und den Energiekonzern Rosneft.

Schröders Mitarbeiter haben schon gekündigt

Mehrere von Schröders Mitarbeitern haben nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre Posten bereits aufgegeben. Die SPD-Spitze hat den Altkanzler wiederholt zum Austritt aus der Partei aufgefordert. Es gibt auch Anträge auf einen Parteiausschluss. Kanzler Scholz forderte zudem, dass Schröder seine Posten bei den russischen Staatsunternehmen niederlegt. Schröder bekundete aber, von seinen Ämtern nur zurücktreten zu wollen, wenn Putin den Gashahn zudreht.