Amtsarzt: Berlins Impfkonzepte haben Lücken

Der womöglich schon bald zugelassene Impfstoff von AstraZeneca lasse sich wegen einer einfacheren Logistik auch in Arztpraxen einsetzen, so Patrick Larscheid.

Bislang wird der Stoff nur in Impfzentren verabreicht.
Bislang wird der Stoff nur in Impfzentren verabreicht.dpa/Christophe Gateau

Berlin-Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid vermisst in der Corona-Pandemie ein Impfkonzept für die breite Bevölkerung in der Hauptstadt. Der Impfstoff des Herstellers AstraZeneca werde wahrscheinlich zeitnah zugelassen, sagte er. Anders als die Impfstoffe der Hersteller Biontech und Moderna lasse er sich wegen einer einfacheren Logistik auch in Arztpraxen einsetzen. „Für diese Breite gibt es in Berlin aber bisher kein Impfkonzept“, so Larscheid.

Ähnlich hatte bereits die Kassenärztliche Vereinigung argumentiert. Sobald ein geeigneter Impfstoff in Sicht sei, müssten viele Menschen sehr schnell geimpft werden. „Das schaffen wir nur in den Praxen“, hieß es.

Pflege-WGs seien bisher unberücksichtigt

Lücken sieht Larscheid auch im bisherigen Impfsystem: Bei den laufenden Immunisierungen für Menschen über 80 Jahre seien zum Beispiel Pflege-Wohngemeinschaften im Fahrplan der mobilen Teams nicht berücksichtigt. „Oft unterscheiden sie sich aber nur wenig von der stationären Pflege“, sagte der Arzt. Die Ansteckungsgefahr sei auch dort sehr hoch, zum Beispiel durch das Personal.

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Betreute Wohngemeinschaften seien keine vollstationären Einrichtungen, deren Bewohner nach der bundesweiten Priorisierung durch die Ständige Impfkommission in der ersten Phase geimpft werden könnten, heißt es bei der Senatsverwaltung für Gesundheit. Daher würden Menschen dort erst zu einem späteren Zeitpunkt immunisiert. „Zur Umsetzung laufen aktuell die Planungen“, so die Behörde.

Ebenfalls unklar ist noch, wie bettlägerige alte Menschen, die zu Hause gepflegt werden, geimpft werden sollen. Dafür werde der Rücklauf der verschickten Einladungen an Menschen über 80 abgewartet, teilte die Verwaltung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Gemäß der bundesweiten Vorgabe hätten vollstationäre Pflegeeinrichtungen Priorität, da sie besonders von Ausbruchsgeschehen betroffen seien. „Selbstverständlich ist uns die hohe Bedeutung der Impfung für ambulant versorgte Pflegebedürftige bewusst, auch hierzu entwickeln wir gerade erste Planungen“, hieß es in der Antwort.

Fast 19.000 Heimbewohner bereits geimpft

„Niemand weiß im Moment, wie viele alte Menschen gar kein Impfzentrum aufsuchen können“, sagte Amtsarzt Larscheid. Manche Probleme seien daher noch überhaupt nicht gelöst.“ Das gelte auch für chronisch kranke Jüngere: „Denn niemand weiß, wer das ist.“

In Berlin sind nach der Statistik der Robert Koch-Instituts seit Ende Dezember 28.871 Menschen geimpft worden, darunter fast 19.000 Pflegeheim-Bewohner. Am Freitag trafen 29.250 weitere Dosen des Biontech-Impfstoffs in der Hauptstadt ein, auch davon soll aber die Hälfte für die zweite Impfung zurückgehalten werden. Dienstag soll erstmals eine Lieferung des US-Herstellers Moderna innerhalb Deutschlands erfolgen.