Antisemitismus in Berlin: Mehr als 500 Vorfälle im ersten Halbjahr
Treiber des Antisemitismus waren laut Rias-Bericht das Erstarken des palästinensisch-israelischen Konflikts im Frühjahr und die Proteste gegen Corona-Maßnahmen.

Berlin-Allein im ersten Halbjahr hat die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) in Berlin 522 Vorfälle erfasst. Es sei der zweithöchste Wert für ein Halbjahr nach 2018, teilte die Rias genannte Stelle am Donnerstag mit. Dahinter sieht sie zwei Treiber: das Aufflammen des palästinensisch-israelischen Konflikts im Frühjahr und die Proteste gegen Corona-Maßnahmen. Im Mai seien mit 211 so viele antijüdische Vorfälle bekannt geworden wie nie zuvor in einem Monat.
Erfasst hat die Recherchestelle von Januar bis Ende Juni 12 Angriffe, 22 gezielte Sachbeschädigungen, 15 Bedrohungen, 447 Fälle „verletzenden Verhaltens“ und 26 Massenzuschriften. Rias registriert mehr und nach anderen Kriterien als die Polizeistatistik, die im ersten Halbjahr 161 antisemitische Straftaten auswies.
78 Vorfälle im Zusammenhang mit Corona-Protesten
Rias bringt 15 Prozent der gegen Juden gerichteten Vorfälle – nämlich 78 – in Zusammenhang mit Corona-Protesten. So werde etwa die Schoa relativiert, wenn sich Gegner der Pandemieregeln als Verfolgte darstellten, sagte Projektleiter Benjamin Steinitz. Ein anderes Beispiel seien Verschwörungserzählungen, in denen Juden für die Pandemie oder für Gegenmaßnahmen verantwortlich gemacht werden. Auch würden kritisierte Persönlichkeiten wie Microsoft-Gründer Bill Gates fälschlich zu Juden erklärt.
Auch die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt im Mai sei Anlass für zahlreiche antisemitische Äußerungen und Handlungen gewesen. Antisemitismus sei aber jenseits solcher Anlässe ein kontinuierliches Problem, betonte Steinitz.
Die 2015 gegründete und vom Senat finanziell geförderte Rias sammelt Daten auf Grundlage von Meldungen über das Internet, Beobachtungen und einer Zusammenarbeit mit Opferberatungsstellen und Polizei.
