Arzt unter Missbrauchsverdacht: Verteidiger widersprechen Anklage
Der Mediziner soll zwischen August 2011 und Mai 2013 sexuelle Handlungen an fünf männlichen Patienten vorgenommen haben.

Olaf Wagner
Berlin-Im Prozess gegen einen Berliner Arzt, der unter Missbrauchsverdacht steht, haben die Verteidiger der Anklage widersprochen. Der 62-jährige Mediziner habe keinerlei sexuelle Handlungen an Patienten vorgenommen, hieß es in einer Erklärung der Verteidiger zu Prozessbeginn am Montag vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten. Alle Untersuchungen und Therapien an den fünf Männern, von denen in der Anklage die Rede ist, seien medizinisch indiziert gewesen. „Soweit darüber hinausgehende Angaben von Patienten gemacht wurden, sind diese falsch“, so die Verteidiger.
Dem Mediziner werden fünf mutmaßliche Taten bei körperlichen Untersuchungen in der Zeit von August 2011 bis Mai 2013 zur Last gelegt. Fünf Männer hatten die Vorwürfe gegen den HIV-Spezialisten erhoben. Die Verteidiger erklärten, ihr Mandant werde sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern.
Der Arzt arbeite in einer Praxis, die vor mehr als 25 Jahren bewusst in einem Berliner Schwulenkiez gegründet worden sei, hieß es weiter in der Erklärung der drei Verteidiger. „Von Anbeginn war die Praxis vor allem auf die Behandlung von Krankheiten wie HIV, Aids, Hepatitis und weitere sexuell übertragbare Krankheiten ausgerichtet.“ Ihr Mandant habe das Praxismodell unter anderem aus Erfahrungen entwickelt, die er in seiner zum Teil in den USA absolvierten Ausbildung gesammelt habe. Alle Untersuchungsmethoden würden den anerkannten medizinischen Leitlinien entsprechen.
Anwältin: Sexueller Missbrauch von Schwulen wird nicht ernst genommen
Eine Anwältin eines Nebenklägers erklärte, ihr Mandant sehe sich seit sieben Jahren dem Vorwurf ausgesetzt, er würde lügen. Mit Blick auf die lange Verfahrensdauer sagte die Rechtsanwältin, der Mann habe den Eindruck, dass der sexuelle Missbrauch von Schwulen nicht ernst genommen wird von der Justiz.
Eine Gerichtssprecherin sagte, die Ermittlungen hätten sich schwierig gestaltet. Im Februar 2016 sei Anklage erhoben worden. Zwei frühere Prozessanläufe seien dann gescheitert. Die Verhandlung wird am 26. April fortgesetzt.
