Aufstand gegen Lauterbach: Deutschlands Ärzte wollen Testverordnung kippen

Das Vorgehen des Bundesgesundheitsministers führt zu „einer bedenklichen Dehnung unseres Rechtstaates“, sagt der Chef der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.dpa

Der Streit um die neue Coronatestverordnung eskaliert. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, fordert jetzt, die neue Testverordnung zurückzuziehen. In einem weiteren Schritt solle dann zusammen mit der Ärzteschaft eine jneue, pragmatische Verordnung erarbeitet werden. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach präsentierte Verordnung sei „ein Sinnbild für praxisferne Politik ohne jeden Bezug zu den konkreten Anforderungen und Abläufen in der Patientenversorgung“. Das sagte Reinhardt dem Deutschen Ärzteblatt.

„Wenn man den Organisationen aus dem Gesundheitswesen im Stellungnahmeverfahren zu der Verordnung gerade einmal vier Stunden Zeit lässt, um sich mit ihrer Expertise einzubringen, darf man sich über solche Bürokratietorpedos nicht wundern“, erklärte Reinhardt. Es sei eine „Proforma-Beteiligung der von der Verordnung betroffenen Akteure“, unter „Demokratiegesichtspunkten problematisch“ und führe in letzter Konsequenz  zu „einer bedenklichen Dehnung unseres Rechtstaates“.

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Es gebe zwar gute Gründe, die kostenfreien und  anlasslosen Tests in der derzeitigen Pandemielage zu überdenken. Expertenanhörungen und Stellung­nahmeverfahren seien aber „feste Bestandteile von Verordnungs- und Gesetzgebungsprozessen“. Reinhardt sagte weiter, Deutschlands Ärzteschaft wolle sich auf diesem Wege „konstruktiv in die Gesundheitspolitik der Ampel-Koalition einbringen“, nicht nur im aktuellen Fall der umstrittenen Testverordnung.

Lauterbach und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatten beschlossen, das Angebot für kostenlose Corona-Tests  deutlich einzuschränken. Deutschlands Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) hatten in einem Brief als Reaktion auf die in den allermeisten Fällen nun erforderlichen Zuzahlungen angekündigt: „Nach sehr sorgfältiger Prüfung der neuen Testverordnung müssen wir Ihnen vor dem Hintergrund der schon jetzt bestehenden, eklatanten Betrugsproblematik mitteilen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können.“

Auch der Hartmannbund hatte die Bestimmungen zur Umsetzung der neuen Regelung als „Zumutung für die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen“ bezeichnet. Karl Lauterbach hingegen sagte dem ZDF-„Morgenmagazin, er halte den bürokratischen Aufwand bei der neuen Corona-Testverordnung für „überschaubar“.