Atomwaffen-Gespräche: Baerbock reist zu UN-Konferenz nach New York
Die atomare Abrüstung war auch schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Jetzt ist erneut eine Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags vorgesehen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock will trotz anhaltender Kriege, Konflikte und Drohgebärden weiter für atomare Abrüstung kämpfen. „Auch wenn dieses Ziel in der aktuellen Weltlage noch so entfernt scheinen mag: Wir dürfen dieses Ziel nie aus den Augen verlieren, müssen hartnäckig dranbleiben, wenn es um seine Umsetzung geht“, sagte sie am Montag vor ihrer Abreise zu einer Atomwaffen-Konferenz der Vereinten Nationen in New York. Deutschland habe zusammen mit 15 weiteren Ländern 22 Vorschläge für nukleare Abrüstung gemacht.
Baerbock brach am Morgen nach New York auf, um dort an der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags teilzunehmen. Das mehr als 50 Jahre alte Abkommen, dem 191 Staaten beigetreten sind, bildet die Grundlage für atomare Abrüstung weltweit. Es besagt, dass nur die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien Atomwaffen besitzen dürfen. Die vier anderen mutmaßlichen Atommächte Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea sind dem Vertrag entweder nicht bei- oder wieder ausgetreten. Ziel des Vertrags ist es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, nukleare Abrüstung voranzutreiben und die friedliche Nutzung von Kernenergie zu fördern.
New York: Auch russischer Vize-Außenminister soll Rede halten
Zum Auftakt der bis zum 26. August angesetzten Konferenz werden neben Baerbock auch UN-Generalsekretär António Guterres und US-Außenminister Antony Blinken das Wort ergreifen. Aus Russland ist Vize-Außenminister Sergej Rjabkow als Redner angekündigt.
Alle fünf Jahre ist eine Überprüfung der Vertragsziele vorgesehen. Die zehnte Überprüfungskonferenz sollte bereits 2020 stattfinden, wurde wegen der Corona-Pandemie aber verschoben. Die atomare Abrüstung war auch schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Jetzt wird die Reduzierung der knapp 13.000 Atomwaffen weltweit noch schwerer.
Neben dem Atomwaffensperrvertrag gibt es noch den weitergehenden Atomwaffenverbotsvertrag, der jedoch von den Atommächten sowie allen Nato-Staaten inklusive Deutschland abgelehnt wird. Die Grünen setzten im Koalitionsvertrag allerdings durch, dass Deutschland entgegen der Nato-Linie als Beobachter an einer Vertragsstaatenkonferenz teilnimmt. Das wurde im Juni auch so umgesetzt. Zudem setzt sich Deutschland in der sogenannten Stockholm Initiative für Nukleare Abrüstung zusammen mit 15 anderen Ländern für konkrete Abrüstungsschritte ein.
Noch bis zu 20 US-Atombomben in Deutschland gelagert
Noch im Wahlkampf 2021 forderten SPD und Grüne den kompletten Abzug in Deutschland stationierter Atomwaffen. Angesichts der aktuellen Bedrohungslage in Europa spielen diese Forderungen keine Rolle mehr. Bis zu 20 US-Atombomben lagern noch auf dem Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel. Im Ernstfall sollen Kampfjets der Bundeswehr sie einsetzen.
Für Baerbock ist die Atomwaffen-Konferenz der Auftakt einer dreitägigen Nordamerikareise. Die Grünen-Politikerin will in New York neben Guterres auch den Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation, Rafael Grossi, treffen. Am Dienstag hält sie dort eine Rede zu den transatlantischen Beziehungen und reist abends zu ihrem Antrittsbesuch nach Kanada weiter.
Baerbock betonte, dass sie bei ihrer Reise sehr deutlich machen wolle: „Deutschland, Europa, die Vereinigten Staaten und Kanada stehen in ihren Grundüberzeugungen und Werten fest Seite an Seite und sind enger verbunden als zu keiner anderen Zeit seit Ende des Kalten Krieges.“ Das skrupellose, menschenverachtende Handeln Russlands biete Europa und Nordamerika als Team Gelegenheit, eine noch stärkere transatlantische Partnerschaft für das 21. Jahrhundert aufzubauen. „Gemeinsam wollen und müssen wir erklären, wofür die Friedensordnung steht, warum es sich lohnt, sie um jeden Preis zu verteidigen.“
