Bayern kippt alle Kontakt-Beschränkungen für Geimpfte und Genesene

Zudem sind weite Teile des öffentlichen Lebens ab Donnerstag wieder ohne zusätzlichen Test oder Booster zugänglich.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, lockert die Corona-Maßnahmen.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, lockert die Corona-Maßnahmen.dpa/Sven Hoppe

Einen Tag vor der Bund-Länder-Runde zum künftigen Corona-Kurs hat das bayerische Kabinett bereits eine Fülle von Lockerungen beschlossen. Die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene entfallen komplett. Zudem werden die Corona-Zugangsregeln gelockert: Geimpfte und Genesene brauchen von Donnerstag an nirgendwo mehr einen zusätzlichen Test. Und zu einigen weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens, etwa Hochschulen, haben dann auch Ungeimpfte wieder Zugang – wenn sie stattdessen einen negativen Test vorweisen.

„Wir sind Team Vorsicht und Team Freiheit, aber nicht Team Stur“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettssitzung. Man gehe alleine nach dem „objektiven Maßstab“ der Gefährlichkeit.

Kontaktregeln für Ungeimpfte bleiben unverändert

Geimpfte und Genesene dürfen sich in Bayern von Donnerstag an wieder in beliebig großen Runden privat treffen, nicht nur zu zehnt wie bisher. Die bislang geltenden Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene werden komplett und ersatzlos gestrichen. Die Kontaktregeln für Ungeimpfte bleiben dagegen bis auf Weiteres unverändert: Sobald auch nur ein Ungeimpfter dabei ist, darf sich ein Haushalt nur mit maximal zwei Angehörigen eines weiteren Hausstands treffen, Kinder unter 14 nicht mitgezählt.

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Weite Bereiche des öffentlichen Lebens, etwa Sport-, Kultur- und Freizeitveranstaltungen, sind in Bayern von Donnerstag an wieder ohne zusätzlichen Test oder Booster-Impfung zugänglich. Überall dort, wo bislang noch die 2G-plus-Regel gilt, gilt also künftig nur noch 2G. Auch die maximale Zuschauerzahl für Kultur- und Sportveranstaltungen wird angehoben: Von Donnerstag an sind, etwa auch bei Bundesliga-Spielen, wieder bis zu 25.000 Zuschauer erlaubt – bisher waren es 15 000. Die Kapazitätsgrenzen – im Sport maximal 50 Prozent Auslastung, im Kultur-Bereich 75 Prozent – bleiben aber unverändert.

3G statt 2G an Hochschulen, in Museen und Fitnessstudios

In Bayern haben auch Ungeimpfte von Donnerstag an wieder Zugang zu einigen weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens – wenn sie stattdessen einen negativen Test vorweisen. 3G statt wie bisher 2G gilt dann unter anderem für Hochschulen, außerschulische Bildung, berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung, Musikschulen, Bibliotheken und Archive, Museen und Ausstellungen, Fitnessstudios und Solarien.

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die in der Schule regelmäßig auf das Corona-Virus getestet werden, sind künftig Genesenen oder Geimpften gleichgestellt. Sie haben künftig also auch ohne Corona-Impfung zu allen 2G-Bereichen Zugang. Für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe entfällt die Begrenzung der Kundenzahl von einem Kunden auf zehn Quadratmeter.

Bayern erwartet „weitere Öffnungsperspektiven“

Von der Bund-Länder-Runde am Mittwoch erwartet Bayern zudem „weitere Öffnungsperspektiven“ für die Gastronomie, das Beherbergungswesen sowie für Schankwirtschaften, Clubs und Diskotheken. „Bayern kann sich dabei vorstellen, die Gastronomie und das Beherbergungswesen bald generell nach 3G zu öffnen“, heißt es im Kabinettsbeschluss. „Schankwirtschaften, Clubs und Diskotheken könnten vorsichtig unter den Bedingungen von 2G plus geöffnet werden.“ Hier will Bayern aber nicht im Alleingang handeln, sondern hofft auf bundesweite Schritte.

Bayern bekennt sich zu Pfleger-Impfpflicht: „Bleiben rechtstreu“

Söder schlägt überdies nach seinem Vorstoß, die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht zunächst „de facto“ aussetzen zu wollen, mildere Töne an. Bayern stehe zu der Impfpflicht für Personal von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, heißt es in einem Beschluss der bayerischen Staatsregierung vom Dienstag. Zwischen Bund und Ländern sei ein „pragmatischer Dialog“ notwendig, um die Probleme bei der Umsetzung und Ausgestaltung zu lösen.

„Wir bleiben natürlich rechtstreu“, sagte Söder. Es dürfe aber kein Pflegechaos entstehen. „Wir haben uns immer als Anwalt der Pflege verstanden“, sagte er. Die Bundesregierung habe inzwischen Schritte in die richtige Richtung unternommen und nachgebessert. Es müsse aber noch weiter gehen. „Wenn die einrichtungsbezogene Impfpflicht umsetzbar ist, dann liegt das an Bayern“, sagte Söder. Der Freistaat habe Druck gemacht. „Es bewegt sich was.“

Buschmann: Dann ist die „Tyrannei nicht mehr fern“

Am Montag vergangener Woche hatte Söder gesagt, er wolle „großzügigste Übergangsregelungen“ ausschöpfen, was „de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft“. Dafür hatte er aus den Parteien der Berliner Ampelkoalition schwere Schelte einstecken müssen. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte auf Twitter geschrieben: „Wenn sich die Regierenden selbst aussuchen, an welche Gesetze sie sich halten und an welche nicht, ist die Tyrannei nicht mehr fern.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte der Union Parteipolitik vorgeworfen. Man wolle die von CDU und CSU selbst mitbeschlossene Impfpflicht an die Wand fahren, um die Ampelkoalition in ein schlechtes Licht zu rücken.