Bericht: EU erlaubt Polen Neuverhandlung von Impfstoff-Lieferungen
Polen versucht schon länger, von der EU festgelegte Impfstoff-Lieferungen zu reduzieren. Brüssel war stets dagegen. Nun soll eine Ausnahme gemacht werden.

Die Europäische Kommission hat Polen laut einem Bericht die Erlaubnis erteilt, mit dem Corona-Impstoffhersteller Pfizer neue Lieferverträge auszuhandeln. Solche Alleingänge der Mitgliedsstaaten bei den Impfstoff-Bestellungen hatte die EU bislang stets unterbunden. Für das polnischen Gesundheitsministerium wurde nun offenbar eine Ausnahme gemacht, wie das Nachrichtenportal Euractiv am Donnerstag berichtete.
Als Hauptgrund für die Neuverhandlungen gab Polen die Aufnahme zahlreicher ukrainischer Kriegsgeflüchteter an. Dabei will die Regierung in Warschau nicht etwa mehr Impfdosen von dem Pharmakonzern beziehen, sondern weniger – um so eine finanzielle Schieflage im Gesundheitssystem zu vermeiden. Gesundheitsminister Adam Niedzielski erklärte laut einem Bericht der polnischen Zeitung Dziennik Gazeta Prawna, man sei sich über die Details mit der EU-Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion (HERA) einig geworden.
EU-Kommission: Ausnahme wegen aufgenommener Kriegsgeflüchteter
„Uns wurde versichert, dass sie (...) unsere außergewöhnliche Situation verstehen, die sich auch auf die Umsetzung der Vereinbarungen über den Kauf von COVID-19-Impfstoffen auswirkt“, sagte Niedzielski der Zeitung zufolge.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks hat Polen von den EU-Staaten mit Abstand die meisten Menschen aus dem angegriffenen Nachbarland aufgenommen. Über 1,5 Millionen geflüchtete Ukrainer wurden demnach in Polen registriert. Zum Vergleich: In Deutschland war die Zahl laut Statistikamt zuletzt auf knapp über eine Million gestiegen, andere Länder wie Frankreich und Spanien haben nur einen Bruchteil davon aufgenommen.
Niedzielski hatte schon im Sommer vergangenen Jahres erfolglos versucht, eine Lockerung der EU-Verträge zu erwirken. Gemeinsam mit mehreren osteuropäischen Ländern forderte Polen eine Reduzierung der bestellten Impfstoffmengen. Damals hieß es aus Brüssel, der Krieg ändere nichts am Impfbedarf des Landes – vielmehr müssten gerade jetzt ankommende Geflüchtete geimpft werden.
In Polen sind mit rund 60 Prozent deutlich weniger Menschen gegen Corona geimpft als im EU-Durchschnitt. Aufgrund der geringen Nachfrage wurden schon jetzt Millionen von Impfdosen eingelagert – auch ohne die bereits bestellten zusätzlichen EU-Lieferungen. Da sich auch in anderen Ländern immer weniger Menschen impfen lassen, verhandelt die EU-Kommission derzeit über eine Anpassung der Lieferungen an den jeweiligen Bedarf der Mitgliedsstaaten.
