Bericht: SOS-Kinderdörfer in Verschleppung ukrainischer Kinder verstrickt
Eine russische Beauftragte besuchte im Dezember ein SOS-Kinderdorf. Ihre Behörde soll Zwangsadoptionen ukrainischer Kinder organisieren.

Die internationale Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer ist laut einem Bericht des ZDF-Magazins „frontal“ in die systematische Verschleppung ukrainischer Kinder durch Russland verstrickt. Dem Magazin liegen laut einer Mitteilung vom Dienstag Bilder vor, die zeigen, wie ukrainische Kinder in die Siedlung Tomilino in der Nähe von Moskau gebracht werden. Dort seien sie offenbar russischen Pflegeeltern übergeben worden.
Die Siedlung Tomilino gehört seit 1990 zu den SOS-Kinderdörfern. Die Hilfsorganisation räumte gegenüber dem ZDF ein, dass sie von 13 ukrainischen Kindern in ihren Dörfern in Russland wisse. Weiter teilte sie schriftlich mit: „SOS-Kinderdorf Russland kann keine Auskunft darüber geben, wie die Kinder nach Russland kamen und wie sie die russische Staatsbürgerschaft erlangten.“
Russische Beauftragte besuchte im Dezember SOS-Kinderdorf
„SOS-Kinderdorf ist gegen den Einsatz von Kindern für politische Zwecke. Wir unterstützen das nicht und werden diesen Fall prüfen“, heißt es in dem Schreiben laut „frontal“ weiter. Das Hauptziel von SOS-Kinderdorf Russland sei es, Kinder unabhängig von ihrer Herkunft zu schützen, auch unter extrem schwierigen Bedingungen, beteuerte die Organisation. SOS-Kinderdorf Russland arbeitet nach eigenen Angaben seit mehr als 30 Jahren in dem Land und betreut dort derzeit mehr als 600 Kinder. Auch in der Ukraine SOS Kinderdorf aktiv.
Nach Recherchen von „frontal“ besuchte die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lvova-Belova im Dezember 2022 das SOS-Kinderdorf Tomilino. Ihre Behörde organisiere Zwangsadoptionen ukrainischer Kinder mit dem Ziel der Russifizierung, hieß es in dem Bericht. Während ihres Besuches seien Propagandabilder mit verschleppten ukrainischen Kindern entstanden.
Das ZDF-Magazin wies darauf hin, dass seit Kriegsbeginn am 24. Februar ukrainische Kinder und Jugendliche systematisch nach Russland verschleppt würden. Viele der Kinder würden dort zur Zwangsadoption freigegeben und kämen in russische Pflegefamilien. Ziel sei, dass sie alles Ukrainische vergessen und stattdessen eine pro-russische patriotische Erziehung erhalten sollten.
6000 ukrainische Kinder nach Russland verschleppt
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte im Januar auf die entsprechenden Vorwürfe gegen Russland hingewiesen und in diesem Zusammenhang von dem „gezielten Versuch, ein Volk zu zerstören“, gesprochen. Allerdings sagte sie auch, dass gesicherte Fakten dazu fehlten. Russland bestreitet die Vorwürfe.
Das Humanitarian Research Lab der US-Universität Yale ging zuletzt von etwa 6000 nach Russland verschleppten ukrainischen Kindern aus, die ukrainische Regierung nennt eine Zahl von mindestens 14.000. Entsprechende Berichte von Verschleppungen gab es unter anderem aus besetzten Gebieten in Cherson oder aus Mariupol.
Ziel sei unter anderem „pro-russische patriotische“ und militärartige Erziehung. In einigen Fälle hätten Kinder Schusswaffen-Training erhalten. Es gibt demnach aber keine Hinweis, dass die Kinder in den Krieg geschickt worden seien. Die Studie basiert unter anderem auf der Auswertung von Satellitenbildern. Demnach dürfte die tatsächliche Zahl der in Lager gebrachten ukrainischen Kinder „deutlich höher“ liegen als die festgestellten mindestens 6000.
Auch die SOS-Kinderdörfer standen zuletzt in der Kritik. Doch 160 Hinweise auf Gewalt und Missbrauch sind aus ganz Deutschland in den vergangenen Jahren beim SOS-Kinderdorfverein eingegangen. Diese 160 Meldungen stammen sowohl von aktuellen als auch ehemaligen Betreuten“, sagte der Vorsitzende der vom Verein eingerichteten, unabhängigen Kommission zur Anerkennung und Aufarbeitung erlittenen Unrechts, Klaus Schäfer
