Bisherige Koalitionäre enttäuscht über SPD-Vorgehen

Die SPD will mit der CDU Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Die bisherigen Koalitionäre reagieren enttäuscht – und werfen den Sozialdemokraten schlechten Stil vor.

Rot-Grün-Rot - diese Koalition wird es in Zukunft wohl nicht mehr geben: Bettina Jarasch (Büdnis90/Grüne, l-r), , Klaus Lederer (Linke), und Franziska Giffey (SPD).
Rot-Grün-Rot - diese Koalition wird es in Zukunft wohl nicht mehr geben: Bettina Jarasch (Büdnis90/Grüne, l-r), , Klaus Lederer (Linke), und Franziska Giffey (SPD).Wolfgang Kumm/dpa

Berlin-Die bisherigen Koalitionspartner der SPD in Berlin, die Grünen und Linken, haben mit großer Empörung auf die Entscheidung der Sozialdemokraten für schwarz-rote Koalitionsverhandlungen reagiert. „Es hatte sich für uns nicht angedeutet“, sagte die Linken-Landesvorsitzende Katina Schubert der Tageszeitung taz am Donnerstag. „Sowohl der Stil, wie es bekannt wurde, als auch die Begründung, mit der das erfolgt, ist mir in keinster Weise nachvollziehbar.“ Nach der Wiederholungswahl von Mitte Februar haben sich die Landesvorstände von CDU und SPD für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausgesprochen.

„Wenn die SPD jetzt sagt, sie ist näher der CDU, dann ist das auch eine Aussage. Aber die Begründung, die sie jetzt anführt, warum es mit uns und mit den Grünen angeblich nicht ging, ist hanebüchen.“ Schubert bezog sich auf einen Bericht der SPD-Sondierungskommission an den SPD-Landesvorstand. „Dass sie angeblich an unserer Zuverlässigkeit zweifeln, ist einfach unverschämt - und sie wissen auch, dass das nicht stimmt“, so die Linke-Politikerin.

Gebel: „Ein ganz klarer Vertrauensbruch“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Silke Gebel, sagte dem Fernsehsender Phoenix: „Wenn man sechs Jahre gut zusammenarbeitet, ist es doch sehr seltsam, überraschend und ein ganz klarer Vertrauensbruch, wenn man dann von einem Koalitionspartner aus der Zeitung erfährt, dass er sich für jemand anderen entschieden hat.“ Natürlich sei es das gute Recht der SPD, einen anderen politischen Weg einzuschlagen, „es gebietet doch der Anstand, dass man dann das persönliche Gespräch sucht“.

Die Politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, warf Franziska Giffey (SPD) vor, bei der Suche nach einem Koalitionspartner ihre Interessen über jene der Stadt zu stellen. Indem sie ein schwarz-rotes Bündnis mit ihrer Person verknüpfe, treffe Giffey „sicher keine Entscheidung „für Berlin“, sondern vor allem für Franziska Giffey“, sagte Büning, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Jarasch: Giffey und SPD haben „mit einem lauten Knall“ eine Tür zugeschlagen

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch warf der SPD einen schlechten Stil vor. Franziska Giffey und die SPD hätten „mit einem lauten Knall“ eine Tür zugeschlagen. „Mit dem Agieren der letzten Tage hat die SPD-Führung das Fundament für ein linkes progressives Bündnis erstmal zerschlagen und daraus werden wir unsere Schlüsse ziehen“, sagte Jarasch. „Weil das kein guter Stil ist, so macht man das einfach nicht.“

Jarasch möchte im Falle einer Regierungskoalition aus CDU und SPD auch aus der Opposition heraus die Politik in Berlin gestalten. Sollte es zu einer schwarz-roten Koalition kommen, dann werde ihre Partei die Oppositionsführerschaft annehmen und „konstruktiv und selbstbewusst“ ausfüllen, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. „Denn wir haben ja einen sehr klaren Wählerauftrag bekommen bei dieser Wahl.“ In der Partei gebe es trotz der Enttäuschung über die wahrscheinliche verpasste Regierungsbeteiligung den Willen, nach vorne zu schauen und aus der Opposition heraus zum Wohle der Stadt beizutragen.

„Lieber regiere ich, denn dann kann man konkret und direkt gestalten und umsetzen, aber ja, wir werden unsere Gestaltungsaufgabe auch aus der Opposition heraus umsetzen - gemeinsam mit den Bezirken“, sagte Jarasch. „Ich bin kein Mensch, der sich vor Verantwortung wegduckt. Das habe ich in den letzten Jahren zur Genüge bewiesen“, sagte die derzeitige Senatorin für Umwelt und Mobilität zur Frage nach ihrer eigenen Zukunft. „Und den Rest werden wir intern klären.“

Bereits der Start von Schwarz-Rot stehe unter einem schlechten Stern, sagte Jarasch. Sie mache sich daher Sorgen um die Stadt. „Wir befürchten, dass vieles abgebrochen oder gar rückabgewickelt wird, was wir schon begonnen haben“, sagte Jarasch. „Das wäre fatal für die Zukunft dieser Stadt und für die Aufgabe, Berlin zu einer attraktiven und lebenswerten Stadt auch im Klimawandel zu machen.“

So rechtfertigt Giffey ihre Entscheidung für die CDU

Giffey selbst verteidigte in zahlreichen Interviews am Mittwochabend und Donnerstagmorgen verteidigte die Entscheidung des SPD-Landesvorstandes. In sieben Tweets erläuterte sie noch mal ihre Gründe, dass sie einem Bündnis als kleiner Partner der CDU den Vorzug gibt, und nicht einer SPD-geführten Regierung mit Grünen und Linken.

Von den Grünen habe man „eher Signale bekommen, dass Ziele, die uns wichtig waren, relativiert werden“, sagte Giffey am Donnerstag im Deutschlandfunk. Die Entscheidung sei aber „sehr schwierig“ gewesen. „Wir haben uns das wirklich nicht leicht gemacht“, sagte Giffey. „Ein Bündnis einzugehen, bei dem wir das Rote Rathaus verlieren, ist keine leichte Entscheidung.“ Sie räumte ein, dass es innerhalb der SPD „viel Skepsis“ gegenüber einer Koalition mit der größeren CDU gebe.

Von einem Wechsel zur CDU erhofft sich die SPD-Spitze mehr Erfolgschancen bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2026. In den vergangenen sechs Jahren habe es in der Koalition mit Grünen und Linken eine „hohe Anzahl ungelöster koalitionsinterner Konflikte“ gegeben, hieß es im interne Bericht der SPD-Sondierungskommission. Die Aussichten für die Wahlen 2026 seien besonders für die geschwächte SPD „in einem krisenbelasteten Bündnis kaum positiv“. Ein Zweierbündnis mit der CDU biete mehr „Gestaltungsmacht“ und „geringere Reibungsverluste“. Bis 2026 sei „eine verbesserte Profilbildung“ möglich.