RBB-Interims-Intendantin schreibt „Bettelbriefe“ an Ruhegeldempfänger
Der Sparkurs beim RBB bringt Katrin Vernau offenbar dazu, alle Register zu ziehen. Empfänger ihrer „Bettelbriefe“ sollen Solidarbeiträge leisten.

Der Sparkurs beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zwingt Interimsintendantin Katrin Vernau offenbar zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Einem Medienbericht zufolge hat die Sender-Chefin Briefe an Ruhegeldempfänger geschrieben und um Solidarbeiträge gebeten. Die Schreiben wurden nach Informationen des Tagesspiegels an Ruhegeldempfänger der Vorgängeranstalten des RBB verschickt – also ehemalige Mitarbeiter des Senders Freies Berlin sowie des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg. Auch frühere RBB-Mitarbeiter hätten Post bekommen.
Mit Ruhegeld ist gemeint, dass man nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bis zum Eintritt in die Rente Geld vom früheren Arbeitgeber bekommt.
Der Tagesspiegel beruft sich auf ein Schreiben mit dem Betreff: „Solidarbeitrag für den RBB“. Vernau soll ihr Vorgehen mit der öffentlichen Kritik am „besonderen Privileg“ des Ruhegeldes rechtfertigen. Das Ganze wirke auf die Empfänger wie ein moralisches Druckmittel, sagen Kritiker. Im Gegenzug biete der RBB folgendes an: Jeder Empfänger des Briefes, der einen Solidarbeitrag leistet, solle durch eine positive Außendarstellung belohnt werden. Konkret sollen sie in der Unternehmenskommunikation als spendabel gelobt werden. Von einer bestimmten Beitragshöhe sei nicht die Rede. Wie viele Empfänger angeschrieben wurden, war zunächst unklar.
Vorwurf: Empfänger empfinden das Schreiben als unverschämt
Bei den Empfängern komme das Vorgehen gar nicht gut an – im Adressaten-Kreis soll es bereits rumoren. Von „Unverschämtheit“ ist die Rede, so der Tagesspiegel weiter. Ein Kritikpunkt sei zum Beispiel, dass Vernau nicht bereit sei, selbst auf Gehalt oder ihren Mietzuschuss zu verzichten.
Jens Wendland, ehemaliger Hörfunkdirektor des Senders Freies Berlin von 1992 bis 2003, antwortete in einem Schreiben auf Vernaus „Bettelbrief“: „Dass Sie Ihre Aufforderung zum Solidarbeitrag nicht nur auf das Ruhegeld beziehen, sondern im Fall der Zustimmung auch die ,Unternehmensöffentlichkeit über diesen Solidarbeitrag informieren’ wollen, halte ich für inakzeptabel.“ Vernau habe eindeutig die falschen Register gezogen.
Ex-RBB-Chefin Schlesinger klagt auf 18.384 Euro Ruhegeld im Monat
Nahezu zeitgleich, als die Interims-Intendantin Vernau das Schreiben an die Ruhegeldempfänger verschickte, war bekannt geworden, dass die frühere RBB-Intendantin Patricia Schlesinger nach ihrer fristlosen Entlassung vor Gericht zieht. Ihrem Anwalt Ralf Höcker zufolge will sie ihre Betriebsrente von 18.384 Euro monatlich einklagen. „Selbst, wenn die konstruierten Vorwürfe gegen die Mandantin irgendeine Berechtigung hätten, wäre es doch völlig überzogen, ihr die Betriebsrente zu nehmen, die sie sich in über 30 Jahren erarbeitet hat“, sagte Höcker der Deutschen Presse-Agentur.
Der öffentlich-rechtliche RBB war im Sommer 2022 in eine tiefe Krise gestürzt. Damals waren Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung aufgekommen. Im Zentrum des Skandals stehen Schlesinger und der zurückgetretene Chefaufseher Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt.
