Berlin: Angehende Lehrer müssen doch nicht ihre Tattoos zeigen

Referendare in Berlin sollten angeben, wo sie überall tätowiert sind und dazu Fotos einreichen. Nach heftiger Kritik zieht der Senat den Fragebogen nun zurück.

Tattoos auf dem Arm (Symbolbild)
Tattoos auf dem Arm (Symbolbild)dpa/Carola Frentzen

Die Berliner Bildungsverwaltung hat einen Fragebogen gestoppt, auf dem Referendare genauestens Auskunft über ihre Tätowierungen geben sollten. Die angehenden Lehrer sollten auf einem Fragebogen genau auflisten, wie groß ihre Tattoos sind, wo sie sich befinden und welche Bedeutung sie haben. Die Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hatte am Donnerstag an der Rechtmäßigkeit derartiger Abfragen gezweifelt und das Ganze scharf kritisiert.

Wenige Stunden später reagierte der Senat und ließ verlauten, dass man da zu weit gegangen sei. Martin Klesmann, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, sagte der Berliner Zeitung: „Die inhaltliche Ausgestaltung der Anweisung war zu weitreichend“.

Zum Hintergrund: Die Verwaltung forderte alle Referendare auf, die verbeamtet werden sollen, genau zu dokumentieren, an welchem Körperteil sich Tätowierungen befinden und welche Bedeutungen sie haben. Das galt auch für Tattoos im Intimbereich. Außerdem sollten die Referendare die Tätowierungen fotografieren und zusammen mit dem Fragebogen abschicken. Das Material sollte dann von Amtsärzten überprüft werden.

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Die Berliner Bildungsverwaltung rechtfertigte den Fragebogen gegenüber der Berliner Zeitung zunächst damit, dass eine spätere Verbeamtung ausgeschlossen ist, wenn eine Tätowierung sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet. Das sei bei rechts- oder linksradikalen beziehungsweise extremistischen, entwürdigenden, sexistischen sowie frauenfeindlichen oder gewaltverherrlichenden und menschenverachtenden Darstellungen der Fall. In Berlin sollen bald alle Lehrer verbeamtet werden. 

Bildungsverwaltung: Auch Polizisten werden so befragt

„Gleiche Regelungen gelten auch für Verbeamtungsuntersuchungen etwa bei der Polizei und der Justiz“, erklärte ein Sprecher der Bildungsverwaltung. „Es soll damit in Abstimmung mit der Zentralen Medizinischen Gutachterstelle sichergestellt werden, dass keine Dienstkräfte verbeamtet werden, die durch ihre Tattoos eine Haltung offenbaren, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet ist.“ Dadurch solle vermieden werden, dass solche extremistische Einstellungen erst spät oder zu spät bekannt werden.

„Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Fall eines angehenden Lehrers aus Brandenburg, der mit einem Tattoo mit dem Wahlspruch der SS und anderen einschlägigen Symbolen aufgefallen war – bei einem Schwimmbadbesuch. Bei Lehrkräften ist zudem zu bedenken, dass etwa bei Klassenfahrten oder auch bei Sportfesten durchaus auch sonst bedeckte Körperpartien sichtbar werden können.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte das Vorgehen: „Die Aufforderung zum Fotografieren von Tätowierungen geht gar nicht und da zweifeln wir die Rechtmäßigkeit ganz klar an“, sagte Sprecher Tom Erdmann der Berliner Zeitung. Das bloße Abfragen der Tätowierungen sei nach dem Beamtenstatus juristisch okay. Mehr gehe rechtlich aber nicht, so Tom Erdmann. „Wir bezweifeln, ob sich die Verfassungstreue eines Lehrers anhand einer Tätowierung messen lässt. Es geht ja auch darum, was ein Lehrer im Unterricht sagt und wie er sich verhält.“