So schön die Geburt des gemeinsamen Kindes für Eltern auch ist: Ohne eine Geburtsurkunde für den Nachwuchs geht in Berlin fast gar nichts. Eltern können kein Elterngeld beantragen und ihr Kind nicht bei der Krankenkasse anmelden. Einen Kitaplatz oder einen Reisepass für ihr Kind bekommen sie schon gar nicht. Doch Eltern in Berlin müssen im Vergleich zu den Vorjahren länger auf die Ausstellung einer Geburtsurkunde warten. Das belegen aktuelle Zahlen (Stand: Februar), die der Senat nach einer parlamentarischen Anfrage der FDP bekanntgab. Das Dokument ist noch nicht veröffentlicht und liegt der Berliner Zeitung exklusiv vor.
Der Bezirk, in dem ein Kind geboren wurde, ist für die Ausstellung der Geburtsurkunde zuständig. Die zuständigen Ämter arbeiten unterschiedlich schnell. In Berlin-Mitte beträgt die durchschnittliche Wartezeit derzeit zehn Wochen, in Lichtenberg 18 Wochen. Das sind über vier Monate. Zum Vergleich: Im Bezirk Mitte lag die Wartezeit im Jahr 2018 noch bei acht Wochen und im Jahr 2020 noch bei drei Wochen.
An mehr Geburten in Berlin kann es nicht liegen. In ganz Berlin wurden 2021 weniger Kinder geboren als noch im Vorjahr. Auch das zeigen die neuen Zahlen des Senats.
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Über 600 offene Anträge allein in Lichtenberg und Mitte
Doch es gibt auch Bezirksämter, die die Bearbeitung relativ schnell hinbekommen. Reinickendorf und Friedrichshain-Kreuzberg – das sind die beiden schnellsten Bezirke – brauchen nur eine Woche für eine Geburtsurkunde. Fünf Bezirke machten keine Angaben zur Bearbeitungszeit.
Egal, ob schnell oder langsam: Die Ämter kommen mit der Bearbeitung oft nicht hinterher. Im Bezirksamt Mitte lagen im Februar noch 400 offene Anträge für Geburtsurkunden herum. In Lichtenberg waren es 214 und in Charlottenburg- Wilmersdorf 117. Die schnellsten Bezirke, Reinickendorf und Friedrichshain-Kreuzberg, meldeten noch etwa zehn offene Anträge.
Wie sich der Senat für die langen Wartezeiten entschuldigt
Doch woran liegt dieses Behörden-Chaos? Daran, dass Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf nach Pankow die Bezirke mit den meisten Geburten sind? Der Senat erklärt schriftlich in seiner Antwort: „Aufgrund der Corona-Pandemie und des damit eingeschränkten Dienstbetriebes in den Standesämtern variiert die durchschnittliche Wartezeit für die Bürgerinnen und Bürger auch im Jahr 2021 stark. Die Werte der Standesämter Mitte und Lichtenberg haben sich gegenüber den letztmalig gemeldeten Werten weiter verschlechtert.“
Und weiter: „Ursächlich für die negative Entwicklung in den Bezirken Mitte und Lichtenberg ist die Personalsituation. Erst zum Jahresende 2021 konnten alle Stellen besetzt werden, bis zu diesem Zeitpunkt war diese zudem von einer hohen Fluktuation geprägt.“ Darüber hinaus entschuldigt sich der Senat mit hoher Arbeitsbelastung und schlechter Vergütung: Probleme gibt es demnach auch bei der Bearbeitung der Heiratsanträge und der Sterbeurkunden. Eine „Task Force Rückstände“ sei im Einsatz.
Etwa fünf neue Stellen sind in allen Bezirksämtern zusammen unbesetzt. In Lichtenberg soll kein weiterer Beamter eingestellt werden. Für Maren Jasper-Winter von der FDP ist dieser Zustand nicht hinnehmbar. Sie stellte die Anfrage beim Senat und bekam die Zahlen zurück. Jasper-Winter sagt der Berliner Zeitung: „Es ist ein grobes Versäumnis der Bezirke, dass in den überlasteten Standesämtern Mitte und Lichtenberg, wo Stand jetzt noch über 600 Anträge offen sind, keine weiteren Stellen geschaffen werden.“
