Berliner Katastrophenschutz-Experte: Zeit der Sorglosigkeit ist vorbei

Wolf Dombrowski fordert ein grundlegendes Umdenken in der Bauplanung: „Wir müssen uns radikal umstellen auf einen wirksamen Katastrophenschutz“.

Rheinland-Pfalz, Marienthal: Ein Haus ist nach dem Hochwasser vollkommen aufgerissen. Die Flut hat auch hier zahlreiche Häuser zerstört.
Rheinland-Pfalz, Marienthal: Ein Haus ist nach dem Hochwasser vollkommen aufgerissen. Die Flut hat auch hier zahlreiche Häuser zerstört.dpa/Thomas Frey

Berlin-Der Berliner Experte für Katastrophen-Management, Wolf Dombrowski, hat angesichts zunehmender Gefahren ein Umdenken in Deutschland gefordert. Was aktuell in der Flutkatastrophe zu sehen sei, „das wird immer öfter kommen“, sage Dombrowski am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Bisher habe es hier den Eindruck einer „Insel der Seligen“ und eine „oberflächliche Sorglosigkeit“ gegeben – „diese Zeit ist vorbei“, warnte der Wissenschaftler.

Er machte auch Fehler in der Bauplanung für Katastrophen verantwortlich. Land sei zunehmend versiegelt worden, sodass eine Ausdehnung von Flüssen bei hohem Wasserstand nicht mehr möglich sei. „Dann trifft es eben die Bebauung“, sagte Dombrowski. „Wir müssen uns radikal umstellen auf einen wirksamen Katastrophenschutz“, forderte der Wissenschaftler der Berliner Steinbeis-Hochschule.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Positiv-Beispiel Grimma: Schutzmauern und weniger Bebauung

Das gesamte Baurecht und die Bauleitplanung müssten „grundlegend verändert werden“, verlangte der Experte. Es sei notwendig, wieder Ausdehnungsgebiete für Flussläufe zu schaffen und eine „verletzungssichere Infrastruktur“. Dies sei bislang auch nach schweren Hochwassern versäumt worden.

Als positives Beispiel nannte Dombrowski das sächsische Grimma, wo es nach der Katastrophe 2002 weitgehende Veränderungen gegeben habe. So seien hohe Schutzmauern errichtet worden, damit Wasser gezielt abfließen könne. Dort sei nicht wieder gebaut worden in die Ausdehnungsgebiete der Flüsse. Wasser-, Gas-, Strom- und Kommunikationsleitungen seien so neu verlegt worden, dass diese nicht mehr unterspült und zerstört werden könnten. „Das sind genau die Maßnahmen, die jetzt kommen müssen“, forderte der Experte.