Berliner Krisendienst in Corona-Zeiten gefragter als sonst

Beratungsstelle verzeichnet einen Anstieg um 20 Prozent. Hilfesuchende haben massive Ängste, sind einsam und haben mit dem Verlust ihrer Struktur zu kämpfen.

Psychisch labile Menschen sind in der Krise anfälliger (Symbolbild).
Psychisch labile Menschen sind in der Krise anfälliger (Symbolbild).imago images/Westend61

Berlin-Mehr Menschen suchen in der Corona-Pandemie mit psychischen Problemen Rat beim Berliner Krisendienst. Man sehe jetzt wieder einen Anstieg um rund 20 Prozent, sagte einer der Geschäftsführer, Friedrich Kiesinger, am Freitag im RBB-Inforadio.  

Die Erfahrung aus der ersten Welle im Frühjahr sei, dass die Nachfrage mit etwa einem Monat Verzögerung zunehme, damals habe es sogar eine Verdoppelung gegeben. Kiesinger schilderte, es gehe vor allem darum, mit den Betroffenen zu sprechen – darüber, was real ist, wie hoch zum Beispiel die Ansteckungsgefahr ist. Viele hätten niemanden zum Reden.

Der Berliner Krisendienst hilft bei psychosozialen Krisen bis hin zu akuten seelischen und psychiatrischen Notsituationen. Das Angebot mit über Berlin verteilten Anlaufstellen ist kostenlos. Kiesinger sagte, neben Telefonaten seien auch Hausbesuche und künftig Video-Schalten möglich, etwa für Menschen mit Ängsten, aus dem Haus zu gehen.

Manche Hilfesuchende hätten massive Ängste und mit dem Verlust ihrer Struktur durch Arbeitslosigkeit und geschlossene Einrichtungen zu kämpfen, erläuterte Kiesinger. Hinzu kämen etwa psychisch Erkrankte. Man erlebe eine Zunahme von Zwangsstörungen: Manche Menschen übertrieben es zum Beispiel massiv mit dem Händewaschen und dem Desinfizieren. Belastet durch die Kontaktbeschränkungen seien insbesondere Menschen ohne Arbeit und Menschen in Quarantäne.

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Auf Berichte über eine mutmaßliche Zunahme von Suiziden und Suizidversuchen angesprochen sagte Kiesinger, es gebe zwar entsprechende Hinweise, aber es gelte wissenschaftlich valide Auswertungen abzuwarten.