Berlin-Die sogenannte Armutsquote in Deutschland hat einem Bericht zufolge mit 15,9 Prozent – statistisch gesehen 13,2 Millionen Menschen – den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Das geht aus dem Armutsbericht 2020 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes hervor. Das Land mit der niedrigsten Armutsquote ist laut der Studie Bayern (11,9), der höchste Anteil findet sich in Bremen (24,9).
Armut wird in Deutschland über das Haushaltseinkommen und die daraus folgenden Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe definiert. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. Für die Armutsquote wurden dem Bericht des Paritätischen zufolge alle Personen gezählt, die in Haushalten leben, deren Einkommen diese Grenze unterschreitet. Basis waren unter anderem Daten des Statistischen Bundesamts.
„Bewusste Verweigerung“ der Regierung
Der Verband warnte, die Auswirkungen der Corona-Krise würden Armut und soziale Ungleichheit noch einmal spürbar verschärfen. Er fordert eine sofortige Anhebung der finanziellen Unterstützungsleistungen für arme Menschen sowie Reformen der Sozialversicherungen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bekräftigte angesichts der Zahlen seine Forderung nach einem Mindestlohn von zwölf Euro und eine Kindergrundsicherung. Dass jeder Dritte trotz Arbeit von Armut betroffen sei, „bleibt ein besonderer Skandal in Deutschland im 21. Jahrhundert“, so DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
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„Was wir seitens der Bundesregierung erleben, ist nicht mehr nur armutspolitische Ignoranz, sondern bereits bewusste Verweigerung“, sagte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbandes. Es klinge banal, so Schneider: „Aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld.“ Deutschland sei „ein in wachsender Ungleichheit tief zerrissenes Land“, so Schneider.
Lage in Berlin und Brandenburg
Berlin gehört mit Bremen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen mit Quoten zwischen 18,5 und 19,5 Prozent zu den fünf am stärksten von Armut betroffenen Bundesländern. Der Statistik nach gilt fast jeder Fünfte (19,2 Prozent) in der Hauptstadt als gefährdet.
Brandenburg wiederum gehört zu den fünf Ländern mit der geringsten Armutsdichte in Deutschland. Demnach lag die Armutsgefährdungsquote in dem Bundesland 2019 bei 15,2 Prozent.
