Brandenburg: Rund 1800 Corona-Tote waren über 80 Jahre alt

Laut einer Hochrechnung waren bisher 85 Prozent der Covid-19-Verstorbenen älter als 75 Jahre. Die meisten Ansteckungen habe es in Pflegeheimen gegeben. 

Ein Sarg wurde mit einem Warnhinweis versehen, weil der Tote an Covid-19 gestorben sein soll. 
Ein Sarg wurde mit einem Warnhinweis versehen, weil der Tote an Covid-19 gestorben sein soll. dpa/Kay Nietfeld

Potsdam/Berlin - Auch in Brandenburg sind überdurchschnittlich viele über 80-Jährige im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Nach einer Übersicht des Landesgesundheitsamtes mit Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) waren mit Stand Mittwoch 932 Todesfälle bei Frauen und 853 bei Männern in diesem Alter registriert. Bei den Erkrankten im Alter zwischen 75 und 79 Jahren waren es 205 Männer und 129 Frauen, in den Altersgruppen darunter liegt die Zahl der Todesfälle deutlich niedriger.

Laut Mitteilung des Brandenburger Landesministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz seien (mit Stand Donnerstag) 2503 Menschen seit Beginn der Pandemie an Covid-19 gestorben. Die aktuelle Hochrechnung der Altersgruppen zeigt, dass davon 2119 Verstorbene zwischen 75 und über 80 Jahre alt waren. Die meisten davon hätten sich in Pflegeheimen angesteckt, so das Brandenburger Gesundheitsministerium. 

Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen seien so gefährlich, weil dort viele hochbetagte Menschen lebten, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Gabriel Hesse, am Donnerstag. „In den höheren Altersgruppen steigt der Anteil an Menschen, die in Pflegeheimen leben, und hier ist das Risiko für Covid-19-Ausbrüche und damit das Infektionsrisiko besonders hoch“, so der Sprecher. 

„In höherem Alter können Symptome schwächer oder gar nicht auftreten“

Weil ihr Immunsystem weniger gut reagiere, könnten insbesondere ältere Menschen nach einer Infektion schwerer erkranken, erläuterte Hesse. Ein gesundes Immunsystem reagiere mit Symptomen wie Fieber auf eine Infektion. „In höherem Alter können diese Symptome schwächer oder gar nicht auftreten, wodurch Erkrankte erst später zum Arzt gehen.“

Bewohner von Pflegeheimen seien im Falle der Ansteckung mit dem Coronavirus einer hohen Gefahr ausgesetzt, bestätigte auch der Vorstandsvorsitzende des DRK-Landesverbandes, Hubertus C. Diemer. „Über 80-Jährige, die in einer Einrichtung leben, haben ein 13,1-fach höheres Risiko, an Corona zu sterben.“ Die mobilen Impfteams hätten wegen der Impfstoffversorgung eine „Teilbremsung“ hinlegen müssen, berichtete er. „Wenn die vollstationären Einrichtungen durchgeimpft sind, kommen weitere Einrichtungen an die Reihe, wie Senioren-WGs.“ Dort sei die Gefahr der Ansteckung geringer als in Heimen.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hält daher die Priorisierung bei den Corona-Impfungen zunächst für Pflegeheimbewohner und über 80-Jährige für gerechtfertigt. „Ich halte es nicht für angemessen, sie zu ver��ndern“, sagte sie am Donnerstag. Grundlage für die Priorisierung sind in Deutschland die Covid-19-Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) am RKI sowie die Coronavirus-Impfverordnung der Bundesregierung.

Die Verantwortlichen in den Bundesländern sind aufgefordert, nicht ausdrücklich im Stufenplan genannte Personen, angemessen zu priorisieren - so bei seltenen, schweren Vorerkrankungen. Einzelfallentscheidungen sind bei hohem Infektionsrisiko durch die Arbeit möglich. In Brandenburg wird laut Gesundheitsministerium eine Stelle zur Entscheidung über Einzelfälle geprüft.

Zweiklassengesellschaft: Vorteile für Geimpfte würde Unfrieden stiften

Der Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg (Dehoga) hat in der Diskussion um Vorteile für Geimpfte davor gewarnt, eine „Zweiklassengesellschaft“ einzuführen. Eine Einteilung in Geimpfte und nicht Geimpfte würde nur Unfrieden stiften, sagte Dehoga-Präsident Olaf Schöpe der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Es gehe jetzt in der Branche erst einmal darum, nach eventuellen Lockerungen das Geschäft überhaupt zum Laufen zu bringen und nicht darum, über Vorteile für Geimpfte zu sprechen. Jeder solle für sein Haus ein Konzept erstellen, forderte Schöpe.

Der Deutsche Ethikrat hält es für falsch, die Corona-Einschränkungen für Geimpfte früher zu beenden. Ohnehin müsse erst geklärt werden, ob von geimpften Menschen weiter eine Ansteckungsgefahr ausgehe oder nicht, sagte die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx, am Donnerstag in Berlin. Eine vorherige individuelle Rücknahme der Maßnahmen nur für Geimpfte wäre auch mit Blick auf die allgemeine Akzeptanz der Maßnahmen nicht richtig.

Corona-Zahlen in Brandenburg weiterhin hoch

Unterdessen blieb die Zahl der Neuansteckungen mit dem Coronavirus in Brandenburg auf gleichbleibend hohem Niveau. Die Gesundheitsämter meldeten dem Ministerium am Donnerstag 574 neue Fälle; am Mittwoch waren es 540. Auch die Zahl der Toten im Zusammenhang mit einer Covid-Erkrankung blieb mit 53 innerhalb eines Tages weiter hoch. Am Mittwoch waren 90 neue Todesfälle registriert worden, die höchste Zahl in Brandenburg an einem Tag seit Beginn der Pandemie.

Allerdings ist in Brandenburg die Sieben-Tage-Inzidenz in allen Landkreisen unter den kritischen Wert von 200 gesunken. Die meisten Ansteckungen innerhalb einer Woche je 100.000 Einwohner verzeichnete mit 174,1 der Landkreis Spree-Neiße, die wenigsten meldete der Kreis Barnim mit 50,7.