Brandenburger Verfassungsschutz befürchtet Eskalation bei Corona-Protesten

Die Proteste gegen die Corona-Beschränkungen nehmen in Brandenburg zu. Die Gewerkschaft der Polizei sieht dabei eine steigende Aggressivität.

Gegner der Corona-Maßnahmen laufen auf einer Demo in Königs Wusterhausen. In mehreren Städten Deutschlands gingen Menschen auf die Straße.
Gegner der Corona-Maßnahmen laufen auf einer Demo in Königs Wusterhausen. In mehreren Städten Deutschlands gingen Menschen auf die Straße.dpa/Fabian Sommer

Potsdam - Der Brandenburger Verfassungsschutz zeigt sich wegen der Zunahme und der Radikalisierung der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen besorgt. „Wir registrieren in den vergangenen Wochen eine steigende Zahl von Teilnehmern bei Corona-Demonstrationen“, teilte Verfassungsschutzchef Jörg Müller in Potsdam mit. „Es gibt darüber hinaus Hinweise, dass bekannte Einzelpersonen, Rechtsextremisten und Gruppen versuchen, in ihrem Gebiet die normale Bevölkerung unter Ausnutzung des Themas Corona zu radikalisieren.“ Zuvor hatte am Donnerstag die Märkische Allgemeine berichtet.

Einige Hundert Menschen protestierten am Mittwochabend in Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) gegen die Corona-Politik – angemeldet hatte die Demonstration die rechtsextreme Splitterpartei „Der III. Weg“. Nach Polizeiangaben vom Donnerstag blieb der Aufzug störungsfrei und friedlich, die Corona-Auflagen seien eingehalten worden. Teilnehmer der Demonstration trugen Fackeln. Gegen ein von der Polizei ausgesprochenes Fackelverbot hatten sich die Anmelder den Angaben zufolge gerichtlich zur Wehr gesetzt. Während das Verwaltungsgericht Potsdam das Verbot nach Polizeiangaben bestätigt hatte, ließ das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sie für die Versammlung zu.

Die Polizei registriert eine Zunahme der Zahl der Versammlungen gegen Corona-Maßnahmen in Brandenburg – und auch der Teilnehmer. In Werder (Havel) liefen am Mittwoch laut Polizei rund 80 Menschen mit Lichtern durch die Innenstadt, obwohl keine Demo angemeldet war. Als die Polizei durch einen Zeugen darauf aufmerksam wurde, teilte sich der Zug in mehrere Gruppen. Die Beamten nahmen die Identitäten von 21 Menschen auf. Diese hätten sich nicht an Abstands- und Hygieneregeln gehalten, deswegen seien 21 Anzeigen aufgenommen worden. Gegen die Teilnehmer wurden zudem Platzverweise erteilt.

Aggressivität steigt: Protestierende feinden Polizeibeamte an

Der Umgang mit den Polizeikräften wird bei den Protesten nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei aggressiver. „Beleidigungen, Beschimpfungen, Anspucken, Anhusten bis hin zu Tätlichkeiten gegenüber den Einsatzkräften nehmen zu“, teilte der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Jörg Göhring mit. Auch abseits von Demonstrationen seien die Polizeibeamten diesen Anfeindungen ausgesetzt, zum Beispiel bei der Kontrolle der Corona-Maßnahmen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte am Montag im Landtag vor einer Radikalisierung der Proteste gewarnt und die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, genau hinzusehen, mit wem sie demonstrieren.

Seit Mittwoch gelten neue Einschränkungen für Versammlungen: Im Freien dürfen nur noch bis zu 1000 Menschen demonstrieren, dazu gelten Maskenpflicht und Mindestabstand. Die Opposition im Landtag wandte sich gegen die Einschränkung. „Wir sehen es kritisch, dass diese Demonstrationsfreiheit an der Stelle eingeschränkt wird und auf 1000 begrenzt wird“, sagte Linke-Gesundheitspolitiker Ronny Kretschmer im Gesundheitsausschuss. AfD-Fraktionsvizechefin Birgit Bessin kritisierte ebenfalls, dass die Teilnehmerzahl grundsätzlich eingeschränkt werde. Die Fraktion BVB/Freie Wähler hatte sich am Montag gegen weitere Einschränkungen ausgesprochen.

Der Gesundheitsausschuss billigte die neuen Corona-Regeln mehrheitlich. Die Vertreter der Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen ließen sie passieren, die der AfD und der Freien Wähler wandten sich dagegen, die der Linken enthielten sich.