Bundesanwaltschaft lässt IS-Frau bei Wiedereinreise verhaften

Die deutsche Staatsangehörige kam aus türkischer Abschiebehaft. Ihr wird unter anderem „Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vorgeworfen.

Eine Ruine in der syrischen Stadt Atarib bei Allepo (Archiv). 
Eine Ruine in der syrischen Stadt Atarib bei Allepo (Archiv). Foto. imago images/ZUMA Wire

Kalrsruhe-Die Bundesanwaltschaft hat am 24. Juli 2020 die deutsche Staatsangehörige Nurten J. bei ihrer Einreise am Flughafen Frankfurt/Main durch Beamte des Polizeipräsidiums Köln festnehmen lassen. Das teilte die Generalbundesanwaltschaft am Montag mit. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshofs hatte am 5. Juni 2020 Haftbefehl gegen die Frau erlassen. 

Gegen die Beschuldigte besteht nach Angaben eines Sprechers der Ermittlungsbehörde „der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, der Verletzung der Fürsorgepflicht, des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, der Kriegsverbrechen gegen das Eigentum und sonstige Rechte sowie der Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.

In dem Haftbefehl wird der Beschuldigten im Wesentlichen folgender Sachverhalt zur Last gelegt: Nurten J. soll im Frühjahr 2015 gemeinsam mit ihrer zum damaligen Zeitpunkt vier Jahre alten Tochter nach Syrien gereist sein, um sich dort der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ anzuschließen und in deren Herrschaftsgebiet zu leben.

Vermittelt durch ein „Heiratsbüro“ des „IS“ habe sie dort nach islamischem Ritus ein ebenfalls aus Deutschland ausgereistes Mitglied der Terrorvereinigung geheiratet. Gemeinsam habe man in Syrien eine Familie gegründet. Die Beschuldigte unterwarf sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft mit ihrer Familie den Regeln des IS und „erzog ihre Kinder nach dessen Vorgaben in dem Bestreben, zukünftige treue Diener des IS aufzuziehen“.

Versklavte Jesidin musste Wohnung der Frau putzen

Im Gegenzug habe sie der IS alimentiert und überließ ihr nacheinander „fünf Wohnungen, nachdem die rechtmäßigen Eigentümer vom IS getötet oder vertrieben worden waren“, so die Vorwürfe der Ermittler. In den jeweiligen Wohnungen verrichtete die Beschuldigte den Haushalt und „ermöglichte so ihrem Ehemann, uneingeschränkt dem IS zur Verfügung“ zu stehen. „Da ihr Ehemann seine Waffen zu Hause verwahrte, hatte die Beschuldigte Zugriff auf zwei vollautomatische Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow AK47“, teilte der Generalbundesanwalt weiter mit.

In den Jahren 2016 und 2017 habe die Beschuldigte in ihren Wohnungen zudem vielfach Besuch von einer gesondert verfolgten Freundin gehabt. Diese habe auf „Wunsch der Beschuldigten bei ihren Besuchen eine vom IS versklavte Jesidin mitgebracht, deren unentgeltliche Arbeitskraft die Beschuldigte für die Reinigung der Wohnräume ausnutzte“. Nurten J. folgte nach Ansicht der Bundesanwaltschaft damit „der Ideologie des IS, aus dessen Sicht die Versklavung der Jesiden religiös gerechtfertigt sei“.

Nachdem der IS seine Herrschaftsgebiete in Syrien verloren hatte, geriet die Beschuldigte mit ihrer Familie in kurdische Gefangenschaft und befand sich zuletzt in der Türkei in Abschiebehaft. Sie wurde am 24. Juli 2020 dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt, der ihr den Haftbefehl eröffnet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.