Lindner sagt Vorstellung des Bundeshaushalts 2024 ab
Die Bundesregierung ringt um die Frage, welches Ministerium 2024 wie viel Geld ausgeben kann. Ein erster Entwurf des Finanzministers wird erst einmal verschoben – auf unbestimmte Zeit.

Berlin-Die Eckpunkte zum Bundeshaushalt 2024 werden nicht wie geplant am kommenden Mittwoch vorgelegt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verschob deren Vorstellung auf unbestimmte Zeit; die Beratungen in der Koalition über strittige Haushaltswünsche gehen weiter. Er habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits informiert, dass dieser Termin nicht zu halten sei, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur.
„Wir werden im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realitäten sprechen müssen“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Einen neuen Zeitpunkt nenne er ausdrücklich nicht.
Ministerien hatten Zusatzwünsche von 70 Milliarden Euro angemeldet
Seine Ministerkollegen hatten Zusatzwünsche von 70 Milliarden Euro angemeldet, für die Lindner im Haushalt keinen Spielraum sieht. Hier stehen insbesondere die Etats von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Fokus. Laut Finanzministerium erhöhten sich zuletzt zudem die Risiken für den Haushalt weiter. In diesem Zusammenhang werden Zinszahlungen, die laufenden Tarifverhandlungen und Hilfen für die Ukraine genannt.
„Die hohe Zinslast ist ein klares Signal, die Verschuldung des Staates zu bremsen“, sagte Lindner. Zugleich zahlten die Bürgerinnen und Bürger bereits hohe Steuern. „Wir müssen also lernen, mit dem zur Verfügung stehenden Finanzrahmen auszukommen.“ Dafür müssten Prioritäten gesetzt werden, weil nicht alles gleichzeitig finanzierbar sei.
FDP-Fraktionsvize: Wichtig, jetzt „Prioritäten zu setzen“
Die FDP erwarte von den Koalitionspartnern, „dass sie die von der Verfassung gebotene Schuldenbremse einhalten“, begründete Fraktionsvize Christoph Meyer die Verschiebung. „Die Anmeldung von immer weiteren Zusatzwünschen für den Haushalt 2024 ist völlig fehl am Platz“, sagte er an die Adresse von SPD und Grünen gerichtet. Bereits jetzt schränkten die Zinsausgaben die Spielräume massiv ein. Umso wichtiger sei es nun, „Prioritäten zu setzen“.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht in der Verschiebung der Eckwerte-Vorlage nichts Ungewöhnliches. Das habe es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, sagte er beim Besuch der Handwerksmesse in München. Die Bundesregierung werde ihren Gesetzentwurf im Sommer vorlegen, bis zum Jahresende werde dann ein Haushaltsgesetz im Bundestag verabschiedet.
Habeck: „Wir haben einfach ein objektives Problem im Haushalt“
Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte in Berlin: „Wir haben einfach ein objektives Problem im Haushalt.“ In den vergangenen Jahren sei die Schuldenbremse wegen der Corona-Pandemie und der Energiekrise zu Recht ausgesetzt worden, um neue Programme zu finanzieren. Die Menschen hätten sich an diese zusätzlichen Programme „gewöhnt“. Nun werde aber die Schuldenbremse wieder eingesetzt. Die Ampel-Koalition versuche „das gemeinsam hinzubekommen unter veränderten Bedingungen“.
Familienministerin Paus bekräftigte, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung für sie klare Priorität habe. „Wenn 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland arm oder armutsgefährdet sind, ist meine Priorität klar“, schrieb sie im Kurzbotschaftendienst Twitter. Sie hat für die Kindergrundsicherung Kosten von elf bis zwölf Milliarden Euro veranschlagt.
Christian Haase: Das zeigt „die ganze Zerstrittenheit der Ampel-Koalition
Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU), sprach von einem „haushaltspolitischen Schauspiel“. Die Verschiebung des Eckwertebeschlusses zeige „die ganze Zerstrittenheit der Ampel-Koalition“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Frei, sagte mit Blick auf die vor wenigen Tagen abgehaltene Kabinettsklausur: „Nach der gespielten Harmonie in Meseberg zeigt sich die wahre Stimmung in der Ampel.“ Die Gemeinsamkeiten der Koalition seien „schneller aufgebraucht als erwartet“, sagte der CDU-Politiker zu AFP. Scholz habe „zwar die Zeitenwende ausgerufen, drückt sich aber vor den Konsequenzen“. Frei fügte hinzu: „Zu einer guten Regierungsarbeit gehören klare Prioritäten.“
Die Linke sieht die Verschiebung des Haushaltsbeschlusses als Beleg dafür, dass die Ampel-Koalition „gelähmt und blockiert“ sei. Parteichefin Janine Wissler warf Lindner vor, er halte „dogmatisch daran fest, dass es keine Steuererhöhungen geben darf und die Schuldenbremse eingehalten werden muss“. Sie forderte, „endlich eine höhere Besteuerung von Spitzenverdienenden, um die Spielräume für die Finanzierung dringender Reformen zu schaffen“.
