Offiziell: CDU in Berlin will Koalitionsverhandlungen mit SPD starten
Der CDU-Landesvorstand stimmte geschlossen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Auch die SPD will Bündnisgespräche mit der CDU.

Jetzt ist es offiziell: Die CDU in Berlin möchte Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Das hat der Landesvorstand der Partei einstimmig beschlossen, wie ein CDU-Sprecher am Donnerstag mitteilte.
Bereits am Mittwoch war bekanntgeworden, dass CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner eine Große Koalition mit der SPD in der Juniorrolle favorisiert und Regierender Bürgermeister werden möchte. Und auch die SPD möchte Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten: Am Mittwoch hatte sich der SPD-Landesvorstand mit 25 Ja-Stimmen zu 12 Nein-Stimmen mehrheitlich dafür entschieden, mit der CDU in die Koalitionsverhandlungen zu gehen.
Die SPD war bei der Wiederholungswahl am 12. Februar mit 18,4 Prozent der Stimmen deutlich hinter dem Wahlsieger CDU (28,4 Prozent) gelandet.
Der Landesvorstand ist einstimmig dem Vorschlag unseres Sondierungsteams gefolgt, Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufzunehmen. Wir wollen eine Koalition der Vernunft und Verantwortung eingehen, die Berlin jeden Tag ein wenig besser macht.
— Kai Wegner (@kaiwegner) March 2, 2023
Wegner: „Mehr inhaltliche Schnittmengen“ mit SPD als mit Grünen
Berlins CDU-Chef Kai Wegner begründete die Entscheidung seiner Partei für Koalitionsverhandlungen mit der SPD mit inhaltlichen Übereinstimmungen in vielen Punkten. Zwar sei auch in den Sondierungsgesprächen mit den Grünen „neues Vertrauen“ entstanden. „Nichtsdestotrotz gibt es mehr inhaltliche Schnittmengen mit den Sozialdemokraten“, sagte Wegner am Donnerstag nach einer CDU-Vorstandssitzung. Die Beratungen sollten zügig erfolgen. Ende März solle der Koalitionsvertrag stehen.
„Wir haben eine ganz klare Prämisse“, sagte Wegner. „Wir wollen, dass Berlin Berlin bleibt. Aber Berlin an allen Stellen wieder funktioniert“, so Wegner. „Wir wollen nicht, dass Berlin sich tagtäglich neu erfindet, sondern dass wir dafür sorgen, dass die Basics in unserer Stadt wirklich funktionieren.“
Wichtig seien eine funktionierende Verwaltung, eine sichere und saubere Stadt und eine gut ausgestattete Polizei, die jene Unterstützung bekommen, die sie brauche. Wegner kündigte zudem Lösungen an, um dem „Mietennotstand“ Herr zu werden. Der Mieterschutz müsse auf neue Beine gestellt werden.
„Wir wollen den Wohnungsneubau voranbringen und das Angebot hochfahren“, so Wegner. In der Mobilitätspolitik sei das Ziel, die Interessen von Radfahrern, Fußgängern, ÖPNV-Nutzern und Autofahrern gleichermaßen zu berücksichtigen. Ein weiterer Schwerpunkt werde der Klimaschutz sein.
Kritik aus der CDU an Koalitionsverhandlungen mit der SPD
Aus den Reihen der CDU gibt es Kritik an den Plänen für Koalitionsverhandlungen mit der SPD. „Ich werbe ausdrücklich für eine progressive Koalition zwischen CDU und Grünen“, sagte Christian Gräff dem Tagesspiege. Der Wirtschaftsexperte der CDU-Fraktion wies darauf hin, dass in vielen Ämtern und Verwaltungen seit Jahren sozialdemokratische Funktionäre das Sagen hätten – auch weil die SPD in Berlin seit der Wiedervereinigung ununterbrochen am Senat beteiligt gewesen sei. „Die Stadt braucht neue Ideen, frischen Wind“, sagte Gräff. „Die Berliner SPD muss sich in der Opposition erneuern. Sie ist in Berlin vorerst nicht regierungsfähig.“
„Allein angesichts der anstehenden Neuwahl in den Bezirken zeigt sich doch, dass wir in der Union auf den Subsidiaritätsgedanken setzen: Was man an der Basis – also in den Bezirken – lösen kann, sollte man auch dort lösen“, sagte Gräff, der auch Landesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Berlin (MIT) ist. „Eine Verwaltungsmodernisierung nach diesem Prinzip ist mit der Berliner SPD aber nicht zu machen.“ Die SPD stehe für eine inflexible, zentralistische Verwaltungsführung.
Giffey: Kein echter Neubeginn mit Grünen und Linken
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hatte nach der SPD-Entscheidung am Mittwoch von „Respekt vor dem Wahlergebnis“ für die CDU und mehr inhaltlichen Schnittmengen mit der CDU gesprochen. Mit den bisherigen Partnern Grüne und Linke hätte es keinen echten Neubeginn geben können.
Von den Grünen habe man „eher Signale bekommen, dass Ziele, die uns wichtig waren, relativiert werden“, sagte Giffey am Donnerstag im Deutschlandfunk. Die Entscheidung sei aber „sehr schwierig“ gewesen. „Wir haben uns das wirklich nicht leicht gemacht“, sagte Giffey. „Ein Bündnis einzugehen, bei dem wir das Rote Rathaus verlieren, ist keine leichte Entscheidung.“ Sie räumte ein, dass es innerhalb der SPD „viel Skepsis“ gegenüber einer Koalition mit der größeren CDU gebe.
Von einem Wechsel zur CDU erhofft sich die SPD-Spitze mehr Erfolgschancen bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2026. In den vergangenen sechs Jahren habe es in der Koalition mit Grünen und Linken eine „hohe Anzahl ungelöster koalitionsinterner Konflikte“ gegeben, hieß es im interne Bericht der SPD-Sondierungskommission. Die Aussichten für die Wahlen 2026 seien besonders für die geschwächte SPD „in einem krisenbelasteten Bündnis kaum positiv“. Ein Zweierbündnis mit der CDU biete mehr „Gestaltungsmacht“ und „geringere Reibungsverluste“. Bis 2026 sei „eine verbesserte Profilbildung“ möglich.
Die Führung der Grünen im Bund wirft Giffey indes vor, bei der Suche nach einem Koalitionspartner ihre Interessen über jene der Stadt zu stellen. Indem sie ein schwarz-rotes Bündnis mit ihrer Person verknüpfe, treffe Giffey „sicher keine Entscheidung „für Berlin“, sondern vor allem für Franziska Giffey“, sagte die Politische Bundesgeschäftsführerin, Emily Büning, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Berliner Linken wollen am Freitag (18 Uhr) bei einem Landesparteitag über das weitere Vorgehen beraten.
(mit dpa)
