Chatkontrolle-Gesetz: Das steckt hinter den umstrittenen Plänen der EU

Die EU will die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet durch ein Gesetz erschweren. Kritiker sprechen von „Massenüberwachung“ und protestieren in Berlin.

Messenger sollen verpflichtet werden, nach Missbrauchsmaterial zu suchen (Symbolbild).
Messenger sollen verpflichtet werden, nach Missbrauchsmaterial zu suchen (Symbolbild).dpa/Zacharie Scheurer

Die Europäische Union will am Mittwoch ein neues Gesetz zur sogenannten Chatkontrolle vorstellen. Wie unter anderem die österreichische Tageszeitung Der Standard berichtete, soll damit der Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder Einhalt geboten werden. Allerdings ist das Gesetz bei Datenschützern massiv umstritten. Der Gesetzentwurf wurde vor der Vorstellung geleakt, die Organisation Netzpolitik veröffentlichte den Entwurf.

Durch das Gesetz sollen Messenger wie WhatsApp oder Signal sowie E-Mail-Anbieter dazu verpflichtet werden, mithilfe von KKünstlicher Intelligenz (KI) nach Missbrauchsmaterial zu suchen und Verdachtsfälle an Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten. Die Maßnahme würde die Chatverschlüsselung aufheben, so viele Datenschützer.

Apple-Projekt nach Kritik auf Eis gelegt

Bereits im März warnten 39 Bürgerrechtsorganisationen in einem offenen Brief, dass das Gesetz die EU „zum Weltmarktführer bei der Massenüberwachung ganzer Bevölkerungen machen“ würde.

Für Mittwoch, 14 Uhr, ist in Berlin nun eine Demonstration gegen das Gesetz zur Chatkontrolle geplant. Die Organisation Digitalcourage rief dazu über Twitter auf.

Details über das Chatkontrolle-Gesetz sind noch nicht bekannt. Allerdings könnte laut Standard Apples Ankündigung aus dem letzten Jahr ein Vorbild sein: Der US-Konzern plante, iPhones auf Darstellungen von Kindesmissbrauch zu scannen. Der Plan hätte vorgesehen, dass alle Fotos am Endgerät mit einer Datenbank an Hashes – also digitalen Fingerabdrücken von einschlägig bekannten Bilddateien – abgeglichen werden.

Nach massiver Kritik wurde das Projekt zunächst auf Eis gelegt. Whistleblower Edward Snowden schrieb auf Twitter: „Wenn sie heute nach Kinderpornos scannen können, können sie morgen nach allem suchen.“ Der Gründer der Organisation Netzpolitik, Marcus Beckedahl, nannte das geplante Gesetz den „größten aktuellen Angriff auf unser Recht auf Privatsphäre“.

Trotz aller Kritik will die EU wohl an dem Gesetz festhalten. Sie sieht das Gesetz als wichtigen Schritt im Kampf gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch im Internet an. Fraglich ist allerdings, ob das geplante Gesetz zur Chatkontrolle überhaupt mit geltendem EU-Recht gegen Massenüberwachung kompatibel wäre.