Neben Niedrigwasser hat ein liegengebliebenes Güterschiff den Verkehr auf dem Rhein behindert und zeitweise für eine Sperrung gesorgt. Das 190 Meter lange und fast 23 Meter breite Schiff blockierte seit der Nacht auf Mittwoch nach einem Maschinenschaden die Fahrrinne zwischen St. Goar und Oberwesel in Rheinland-Pfalz. Das Schubschiff mit drei schwimmenden Transportbehältern, sogenannten Leichtern, war flussaufwärts unterwegs. Zunächst konnte kein Schiff mehr die Engstelle passieren, wie ein Sprecher der Wasserschutzpolizei mitteilte.
Im Tagesverlauf wurde das Containerschiff weggeschleppt. Am Mittag war es auf dem Weg von der Unglücksstelle nach Bingen. Die Schifffahrt flussaufwärts wurde wieder freigegeben. Schiffe durften aber den „Abschleppdienst“ aus Sicherheitsgründen nicht überholen und mussten sich hinter dem mit 1660 Tonnen beladenen Schubverband einreihen. Rheinabwärts sollte der Verkehr freigegeben werden, sobald das havarierte Schiff Bingen erreicht hat.
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Der Maschinenschaden des Güterschiffs habe nach ersten Erkenntnissen nichts mit dem Niedrigwasser zu tun, sagte der Sprecher der Wasserschutzpolizei. Näheres müssten Sachverständige klären.
Rekord-Tiefstand in Duisburg, Pegel in Emmerich unter null
Wegen der anhaltenden Trockenheit ist der Wasserstand des Rheins nun auch im nordrhein-westfälischen Duisburg auf ein historisches Tief gefallen. Am späten Vormittag habe der Pegel in Duisburg-Ruhrort 1,51 Meter angezeigt, sagte ein Sprecher der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) in Duisburg der Nachrichtenagentur dpa. Der bisher niedrigste bekannte Wasserstand war 1,53 Meter beim Niedrigwasser Ende Oktober 2018.
Am Dienstag hatte der Rheinpegel bereits in Emmerich kurz vor der niederländischen Grenze einen historischen Tiefststand von null Zentimetern erreicht. Dort wurden am Mittwochmorgen minus zwei Zentimeter gemessen.
Regen soll Situation am Rhein entschärfen
In Sachen Niedrigwasser ist für die kommenden Tage Entspannung in Sicht. Es soll dem Deutschen Wetterdienst zufolge regnen. Am Mittwochmittag lag der für die Rhein-Schifffahrt wichtige Pegelstand bei Kaub bei 34 Zentimetern und die Fahrrinnentiefe nach Angaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung bei 1,46 Metern. Bis Samstag könnte der Pegel einer Prognose zufolge bis auf 41 Zentimeter steigen.
Der Pegelstand zeigt nicht die tatsächliche Wassertiefe an, sondern die Differenz zwischen Wasseroberfläche und Pegelnullpunkt. Dieser liegt nicht am tiefsten Punkt der Flusses. Wegen des seit Wochen anhaltenden Niedrigwassers können Binnenschiffer weniger Fracht befördern.
Rheinvertiefung wieder im Gespräch
Die Niedrigstände rücken das Thema Rheinvertiefung wieder in den Fokus. Bundesverkehrsminister Volker Wissing sagte im ARD-„Morgenmagazin“, es werde schon sehr lange darüber diskutiert. „Die Fahrrinne muss dort dringend vertieft werden, damit man auch bei niedrigem Wasserstand die Binnenschifffahrt am Laufen halten kann“, meinte der FDP-Politiker. „Das wurde lange diskutiert, aber nicht umgesetzt. Und das gehen wir jetzt an.“
Wissing hatte sich bereits als rheinland-pfälzischer Verkehrsminister für die Vertiefung zwischen St. Goar und Mainz starkgemacht. Ziel ist es, die Fahrrinne von garantierten 1,90 Metern auf durchgängig 2,10 Meter in Bezug auf einen definierten Wasserstand zu vertiefen. Es sei das Projekt aus dem Bundesverkehrswegeplan mit dem höchsten Kosten-Nutzen-Verhältnis, hatte Wissing vor kurzem gesagt. Die Fertigstellung werde bis Anfang der 2030er-Jahre dauern.
Nach Ansicht von Steffen Bauer, Chef des Binnenschifffahrtsunternehmens HGK Shipping, sind die derzeitigen Einschränkungen – verursacht durch mangelnde Niederschläge – auch eine Folge mangelnder Investitionen in die Wasserstraßen.
„Wir sehen auch im System Wasserstraße in den letzten Jahren, dass die Mittel, die wir eigentlich benötigen, nicht zur Verfügung gestellt wurden“, sagte Bauer dem Sender Phoenix. „Das hat sich in den letzten Jahren zugespitzt, und wir sehen aktuell über alle Verkehrsträger, dass wir deutlich eingeschränkt operieren.“
Für die kommenden Wochen sei entscheidend, dass sich die Pegelstände erholten. Sonst drohten Produktionsdrosselungen, sagte der Unternehmer. Zwar gebe es die Voraussage, dass die Pegel nicht weiter fielen. Grundsätzlich sei der September aber ein Niedrigwassermonat. „Das heißt, wenn diese Situation für zwei bis drei Wochen und mehr andauert, es im Süden keine signifikanten Niederschläge gibt, dann ist durchaus denkbar, dass es zu Produktionsdrosselungen und -einschränkungen kommt.“
Ohne Wasser fließt vielerorts kein Strom
Ob als Transportweg, für die Kühlung oder als ganz eigener Energieträger: Flüsse spielen auch in der deutschen Stromversorgung eine zentrale Rolle. Wenn die Wasserstände zu sehr abfallen, können Kraftwerke nicht mehr mit Brennstoff versorgt und gekühlt werden, Wasserkraftwerke stehen still.
Insbesondere Steinkohlekraftwerke werden über den Wasserweg mit Kohle versorgt. Aktuell ist dies aber nur eingeschränkt möglich, hauptsächlich auf der besonders wichtigen Wasserstraße Rhein. Laut Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt können Transportschiffe an dem wichtigen Knotenpunkt Kaub in Rheinland-Pfalz derzeit maximal zu einem Viertel beladen werden
