Berlin-Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich für die Beibehaltung der Maskenpflicht an den Schulen ausgesprochen. „Stundenlanges Maskentragen in den Klassenräumen ist sehr belastend, aber noch notwendig, um einen sicheren Schulbetrieb zu gewährleisten“, sagte Lambrecht der Welt am Sonntag. Ein sicherer Regelbetrieb an den Schulen habe oberste Priorität. Gerade Kinder in schwierigen Lebensverhältnissen hätten durch den Distanzunterricht viele Nachteile erlitten.
„Präsenzunterricht für alle Kinder ist deshalb besonders wichtig und hilft, entstandene Defizite aufzuholen, damit die Schere nicht noch weiter auseinandergeht“, sagte Lambrecht, die auch Justizministerin ist. Lambrecht verwies darauf, dass auch Kinder und Jugendliche schwer an Corona erkranken können. Zudem könnten sie ungeimpfte Menschen mit dem Virus infizieren. Es gebe zahlreiche Erwachsene wie Vorerkrankte oder Schwangere, die sich nicht durch eine Impfung schützen könnten.
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„Bevor wir gänzlich auf das Maskentragen in den Klassenräumen verzichten können, müssen wir uns durchs Impfen deutlich weiter in Richtung Herdenimmunität bewegt haben“, sagte Lambrecht. Jeder, für den dies möglich sei, solle sich impfen lassen.
OECD-Bildungsdirektor: Schulschließungen dürfen sich nicht wiederholen
Unterdessen haben sich mit Blick auf das kommende Schuljahr Politiker verschiedener Parteien für die Aufrechterhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen und Impfungen ausgesprochen, um erneute Schulschließungen zu verhindern. Der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, warnte davor, die Schüler wieder ins sogenannte Homeschooling zu schicken.
Bis zum nächsten Schuljahr müssten Schulen technisch so umgerüstet werden, dass der Unterricht auch bei schwieriger Infektionslage ungestört fortgeführt werden könne, sagte Schleicher, der auch für den internationalen Schulleistungsvergleich Pisa verantwortlich ist, gegenüber dem MDR. „Diese Schulschließungen dürfen sich einfach nicht wiederholen.“
Eine große Zahl junger Menschen sei während der Krise „völlig durchs Raster gefallen“, stellte der Bildungsexperte fest. Die Pandemie habe die sozialen Benachteiligungen noch einmal deutlich verstärkt. Schleicher warb dafür, jüngere Kinder und Kinder aus „sozial benachteiligten Schichten“ nun gezielt zu fördern.
Schäuble plädiert weiter für Masken-Tragen in geschlossenen Räumen
Sechs Bundesländer sind inzwischen in den Sommerferien. Die meisten anderen folgen bis zum Monatsende. Anfang August beginnt dann in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern schon wieder das neue Schuljahr.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) warnte in der Bild am Sonntag vor neuen Schulschließungen und sprach sich für die Impfung von jungen Menschen aus, wenn diese das wollten. „Wenn wir es durch Impfungen der 12- bis 17-Jährigen schaffen, dass wir Einschränkungen im Schulbetrieb vermeiden, dann ist das ein gewichtiges Argument“, sagte Schäuble. Er plädierte auch dafür, in geschlossenen Räumen weiter Masken zu tragen, bevor man riskiere, wieder Schulen schließen zu müssen.
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Ständige Impfkommission habe bislang keine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ausgesprochen. „Ich halte es jedoch für selbstverständlich, in einer Situation, in der sich die Delta-Variante unter Kinder und Jugendlichen verstärkt ausbreitet, fortwährend zu überprüfen und Empfehlungen gegebenenfalls anzupassen.“ Hans plädierte zudem für die Fortführung der regelmäßigen Tests in den Schulen.
Göring-Eckardt fordert „Kita- und Schulgipfel“
SPD-Chefin Saskia Esken warnte vor Covid-Langzeitfolgen für junge Menschen und forderte, Kinder und Jugendliche stärker zu schützen. „Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren in dem Irrglauben, Kinder und Jugendliche seien nicht gefährdet“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie forderte Rücksichtnahme von „den überwiegend geimpften älteren Erwachsenen“ und äußerte sich kritisch zu Großveranstaltungen. Tests für Reiserückkehrer und für nicht Geimpfte in Betrieben sollten nach Eskens Ansicht aufrechterhalten werden.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte die Bundesregierung: „Wir laufen mit Ansage in einen zweiten Corona-Herbst, und wieder unternimmt die Bundesregierung viel zu wenig, um Kitas und Schulen zu sichern. Kinder, Jugendliche und ihre Familien drohen erneut, vergessen zu werden“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Sie forderte „jetzt einen Kita- und Schulgipfel, damit sich dieses Planungsversagen nicht wiederholt“.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hatte sich mit Blick auf das neue Schuljahr optimistisch gezeigt. Sie sei „zuversichtlich, dass diesen Herbst die Schulen grundsätzlich offen gehalten werden können“. „Wir haben jetzt eine ganz andere Ausgangslage nach den Ferien. Wir haben eine steigende Impfquote, eine gute Teststruktur“, sagte die CDU-Politikerin der Neuen Osnabrücker Zeitung (Samstag).
