Sputnik, CoronaVac und Co: Neue Impfregeln sorgen für Verwirrung
Stiko: Wer russischen, indischen oder chinesischen Impftstoff bekommen hat, braucht keine neue Grundimmunisierung. Was heißt das für ukrainische Flüchtlinge?

Wende in der deutschen Impfstrategie. Wer mit CoronaVac (Sinovac, China) Sputnik V (Gamaleya, Russland) Covaxin (Bharat Biotech, Indien) oder Covilo (Beijing Institute of Biological Products/Sinopharm, China) geimpft wurde, gilt in Deutschland als grundimmunisiert. Die Regelung gilt ab sofort. Zugelassen sind die genannten Impfstoffe in der EU jedoch weiterhin nicht. In Deutschland sind aktuell die Corona-Impfstoffe von Biontech, Moderna, Janssen, AstraZeneca und Novavax zugelassen.
Bislang mussten sich Menschen, die mit einem nicht in der EU zugelassenen Impfstoff geimpft wurden, erneut grundimmunisieren lassen. Die bereits erfolgte Impfserie wurde nicht anerkannt. Für einen vollständigen Impfschutz mussten sich die Betroffenen je nach Impfstoff sowie Genenesen-Status erneut doppelt oder dreifach impfen lassen. Das ist nun anders: Lediglich die Auffrischimpfung muss mit einem in der EU zugelassenen mRNA-Imfpstoff erfolgen. Die zum Robert-Koch-Institut gehörende Ständige Impfkommission (Stiko) hält eine einmalige zusätzliche Impfung mit einem der in der EU zugelassenen mRNA-Impfstoffen nach einer Grundimmunisierung mit bestimmten nicht in der EU zugelassenen Impfstoffen nun für ausreichend.
In einer Mitteilung der Stiko heißt es: „Aktuelle Daten zeigen, dass nach der Grundimmunisierung mit inaktivierten Ganzvirusimpfstoffen, die bisher nicht in der EU zugelassen sind, eine Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff zu einem guten Schutz führt.“ Er sei vergleichbar mit dem Schutz,„ der mit einer dreimaligen mRNA-Impfung erzielt wird“. Zwar würden für Sputnik V bisher entsprechende Daten fehlen. Aus immunologischen Gründen sei jedoch „davon auszugehen, dass eine einmalige mRNA-Impfung nach Sputnik V-Grundimmunisierung ähnlich wirksam ist wie die mRNA-Auffrischimpfung nach den Vektor-basierten Impfstoffen Vaxzevria oder COVID-19 Vaccine Janssen.“ Die neue Regelung ist vor allem für die zahlreichen ukrainischen Flüchtlinge relevant. Die Ukraine hat generell eine sehr niedrige Impfquote. Nur rund 35 Prozent der Menschen sind geimpft, viele von ihnen mit nicht in der EU zugelassenen Vakzinen.
Trotz Stiko-Anerkennung gibt es vorerst keine Impfpässe
Bislang gibt es aber keine finale Abstimmung zwischen Bundesgesundheitsministerium und der Stiko. Das führt zu einem neuen Problem: Denn laut Infektionsschutzgesetz (IfSG) gilt die betroffene Personengruppe nach derzeitiger Rechtslage trotz der Stiko-Einschätzung weiterhin als ungeimpft, auch mit einer gemäß der Stiko-Empfehlung erfolgten Auffrischungsimpfung. Bedeutet: Impfzertifikate bekommen die Betroffenen auch weiterhin nicht.
Denn in Paragraph 22 des Infektionsschutzgesetzes heißt es, dass „ein vollständiger Impfschutz gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 vorliegt, wenn die zugrundeliegenden Einzelimpfungen mit einem oder verschiedenen Impfstoffen erfolgt sind, die von der Europäischen Union zugelassen sind oder im Ausland zugelassen sind und die von ihrer Formulierung her identisch mit einem in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoff sind“.
Zu der Problematik heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium zwar, dass „mögliche Lösungen“ derzeit geprüft werden. Nach Angaben der WAZ seien laut einem Sprecher aber „nicht nur medizinische, sondern auch rechtliche und technische Fragen“ relevant. Der Sprecher weiter: „Wann diese Prüfung abgeschlossen sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen.“
