Im Fall des milliardenschweren Cum-Ex-Betrugs um die Hamburger Privatbank M.M. Warburg haben die Ermittler offenbar auch das nähere Umfeld des Bundeskanzlers ins Visier genommen. Laut Dokumenten, die dem Stern vorliegen, habe die Kölner Staatsanwaltschaft bereits im April das E-Mail-Postfach Jeanette Schwambergers, Büroleiterin und enge Vertraute von Olaf Scholz (SPD), beschlagnahmt. Die 47-Jährige arbeitete bereits seit vielen Jahren mit Scholz zusammen, unter anderem als dessen Büroleiterin im Finanzministerium.
Mails aus dieser Zeit könnten demnach Aufschluss über die Vorbereitung der Zeugenaussage von Scholz im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im April 2021 geben, erklärte das Kölner Amtsgericht und begründete damit den Durchsuchungsbeschluss. Aufgrund des gewaltigen entstandenen Steuerschadens – die Beschuldigten sollen der M.M. Warburg beim Hinterziehen von rund 47 Millionen Euro geholfen haben – sei die Maßnahme gerechtfertigt.
Ermittler: „Verdächtige“ E-Mail um Scholz-Aussage gefunden
Tatsächlich seien die Ermittler bei den Untersuchungen auf eine als „verdächtig“ einzuordnende Mail im Postfach Schwambergers gestoßen, berichtete der Stern. Darin sei es um die Beantwortung einer Frage zu einem Treffen zwischen Scholz und dem damaligen Hamburger Finanzsenator Peter Tschentscher, dem damaligen Vize-Bürgermeister Alfons Pawelczyk und dem ehemaligen SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs gegangen. Die aktuellen Ermittlungen richten sich gegen Pawelcyk und Kahrs sowie eine weitere Hamburger Finanzbeamtin.
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Zudem befasst sich derzeit ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft mit der Frage, ob Scholz als damaliger Hamburger Bürgermeister sowie Tschentscher als dessen Finanzsenator, in der Cum-Ex-Affäre Gebrauch von ihrem politischen Einfluss gemacht haben könnten. Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag verkündete, sehe man vorerst jedoch keinen Verdacht gegen den Bundeskanzler begründet. Zuvor war eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen Scholz eingegangen.
Die Cum-Ex-Affäre gilt als einer der größten Steuerskandale der Geschichte. Bei den kriminellen Aktiengeschäften ging es darum, Wertpapiere so zu verschieben, dass sich eine Kapitalertragsteuer erstatten ließ, die in Wahrheit nie gezahlt wurde. Der deutsche Staat verlor so mehrere Milliarden Euro. Im Fall der M.M. Warburg – die maßgeblich an solchen Cum-Ex-Geschäften beteiligt war – hatte der Hamburger Fiskus 2016 aus unerklärlichen Gründen auf eine Rückforderung von 47 Millionen Euro verzichtet.
