Verdächtiges Schiff nach Nord-Stream-Explosionen durchsucht
Die Bundesanwaltschaft bestätigt Teile der Berichte über Ermittlungsergebnisse zu den Nord-Stream-Explosionen. Über Täter und Motive sagt sie allerdings nichts.

Karlsruhe-Bei ihren Ermittlungen zu den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 hat die Bundesanwaltschaft im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Es bestehe der Verdacht, dass es zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte, die am 26. September 2022 an den Pipelines explodiert waren, teilte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am Mittwoch auf Anfrage mit.
Die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände dauere an. „Die Identität der Täter und deren Tatmotive sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen“, hieß es weiter. „Belastbare Aussagen hierzu, insbesondere zur Frage einer staatlichen Steuerung, können derzeit nicht getroffen werden.“
Ende September waren nach Explosionen in der Nähe der Ostsee-Insel Bornholm insgesamt vier Lecks an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 entdeckt worden. Sie lagen in internationalen Gewässern in den ausschließlichen Wirtschaftszonen Dänemarks und Schwedens.
Bericht: Spuren bei Ermittlungen zur Sabotage führen in die Ukraine
Nach Angaben der Betreibergesellschaft von Nord Stream 1 wurde eine Röhre des Doppelstrangs in der schwedischen Wirtschaftszone auf einer Länge von rund 250 Metern zerstört. Aus den Nord-Stream-Lecks war tagelang Erdgas – vor allem Methan – entwichen und an die Wasseroberfläche gelangt.
Bereits kurz nach Entdeckung der Lecks war vermutet worden, dass Sabotage dahintersteckt. Die schwedische Staatsanwaltschaft bestätigte nach Ermittlungen an den Explosionsorten in der Ostsee den Verdacht, da Sprengstoffspuren entdeckt worden seien.
ARD, SWR und Die Zeit hatten Dienstag berichtet, dass Spuren bei den Ermittlungen zu der Sabotage in Richtung Ukraine führen. Unter Berufung auf geheimdienstliche Hinweise hieß es, eine proukrainische Gruppe könnte verantwortlich sein. Den Medienberichten zufolge fanden die Ermittler bislang zwar keine Beweise dafür, wer die Zerstörung in Auftrag gab. Sie machten demnach aber ein Boot aus, das für das Unterfangen in der Ostsee verwendet worden sein könnte.
Nach diesen Berichten wurde die fragliche Jacht von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet, welche „offenbar zwei Ukrainern gehört“. Ein sechsköpfiges Team, bestehend aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin, habe den Sprengstoff damit zu den Tatorten gebracht. Welche Nationalitäten diese Leute hätten, sei unklar. Sie hätten offenbar gefälschte Pässe verwendet.
Bundesanwaltschaft: Durchsuchung vom 18. bis 20. Januar
Laut Bundesanwaltschaft fand die Durchsuchung vom 18. bis 20. Januar „im Zusammenhang mit einer verdächtigen Schiffsanmietung“ statt. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen werde sämtlichen Hinweisen zur Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen. Ein Tatverdacht gegen Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, welches das Schiff vermietet habe, bestehe nicht. Weitere Auskünfte könnten derzeit nicht erteilt werden.
Deutsche Politikerinnen und Politiker wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnten vor voreiligen Schlüssen. Möglich sei auch eine False-Flag-Aktion, die Kiew belasten solle, so Pistorius.
Ukrainischer Minister nennt Nord-Stream-Bericht „eine Art Kompliment“
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow verneinte eine Beteiligung seines Ministeriums an der Sabotage der Gaspipelines. Dass ukrainischen Spezialkräften so ein Einsatz zugetraut wird, sei „eine Art Kompliment“, sagte Resnikow am Mittwoch am Rande eines informellen Treffens mit den Verteidigungsministern der EU-Staaten in Schweden. „Aber das ist nicht unser Tätigkeitsfeld.“ Die Story sei schräg, weil sie nichts „mit uns“ zu tun habe.
Auf die Frage, ob er befürchte, dass die Berichte über eine mögliche Beteiligung der Ukraine an der Sabotage einen negativen Einfluss auf die Unterstützung für sein Land im Krieg gegen Russland haben könnte, sagte Resnikow: „Nein, ich bin nicht besorgt.“
Russland weist Berichte zu Nord-Stream-Pipelines als Ablenkungsmanöver zurück
Russland wies indes die Medienberichte zu den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines als Ablenkungsmanöver zurück. „Es ist klar, dass die Leute, die den Angriff orchestriert haben, eine Ablenkung schaffen wollen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Mittwoch. Es handele sich „eindeutig“ um „eine gut koordinierte Medienkampagne“. „Diese ganze Geschichte ist nicht nur seltsam. Sie riecht nach einem ungeheuerlichen Verbrechen“, fügte Peskow hinzu.
Peskow kritisierte am Mittwoch erneut, dass Russland weiterhin nicht an den Ermittlungen zu den Explosionen beteiligt werde. „Wir haben erst vor wenigen Tagen entsprechende Mitteilungen von den Dänen und Schweden erhalten“, fügte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin hinzu.
