„Er lebt noch, ich ebenfalls“: Orbán trifft Scholz und Merkel in Berlin

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hält sich für mehrere Tage in Berlin auf. Das Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz bezeichnete er als „fruchtbar“.

Berlin: Olaf Scholz (rechts) empfängt Viktor Orbán im Bundeskanzleramt. 
Berlin: Olaf Scholz (rechts) empfängt Viktor Orbán im Bundeskanzleramt. dpa/Wolfgang Kumm

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat bei seinem Besuch in Berlin neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch dessen Vorgängerin Angela Merkel (CDU) getroffen. Am Montag wurde er von Scholz im Kanzleramt empfangen, die übliche gemeinsame Pressekonferenz gab es aber nicht.

Das Gespräch mit ihm hat Orbán als „fruchtbar“ bezeichnet. „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass er (Scholz) noch lebt. Ich ebenfalls“, sagte er am Montag nach dem Treffen im Kanzleramt, das nach seinen Angaben zwei Stunden dauerte. Beide Seiten könnten zufrieden mit dem Treffen sein. Es seien alle schwierigen Themen angesprochen worden. Einzelheiten nannte Orbán aber nicht.

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Bereits am Sonntag sprach Orbán mit Merkel. Zu den Inhalten wollte sich das Büro der früheren CDU-Regierungschefin nicht äußern. Man gebe über „nichtöffentliche persönliche Gespräche“ grundsätzlich keine weitere Auskunft, hieß es.

Orbán ist seit 2010 Ministerpräsident und saß elf Jahre lang mit Merkel bei EU-Gipfeln an einem Tisch. Orbáns rechtsnationale Fidesz-Partei gehörte bis zu ihrem Austritt 2021 wie Merkels CDU zur Europäischen Volkspartei EVP. Die beiden kennen sich also recht gut. Am Sonntag traf Orbán auch den früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, gescheiterten CDU/CSU-Kanzlerkandidaten und jetzigen Außenpolitiker im Bundestag, Armin Laschet.

Kritiker sehen Orbán als rechtsnationalen Querulanten

Der ungarische Regierungschef gilt vielen in der EU als rechtsnationaler Querulant. Immer wieder werden ihm Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen, er steht aktuell auch wegen mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Geldern in der Kritik. Die EU-Kommission hat deswegen vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen.

Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Scholz sollten nach Angaben von deutscher Seite aber die Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen. Der rechtsnationale ungarische Regierungschef wettert seit Monaten gegen die Sanktionen, die die EU gegen Russland verhängt hat. Trotzdem stimmte sein Land bisher immer für die Strafmaßnahmen, die einstimmig beschlossen werden müssen. Vor wenigen Tagen hatte Orbán eine Volksbefragung in Ungarn zu den Sanktionen angekündigt.

Ungewöhnlicher Vorgang: Keine Pressekonferenz von Scholz und Orbán

Eine Pressekonferenz mit Scholz wurde ungewöhnlicherweise nicht angesetzt. Bei Besuchen von Regierungschefs aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist das eigentlich die Regel. Es gibt aber Ausnahmen.

Orbán wollte am Nachmittag auch auf einem Wirtschaftsforum des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft reden (17.20 Uhr). Am Dienstag nimmt er an einer von dem Magazin Cicero und der Berliner Zeitung veranstalteten Diskussionsrunde mit dem Titel „Sturm über Europa – der Ukrainekrieg, die Energiekrise und geopolitische Herausforderungen“ teil.