Dresdner Juwelen-Coup: Neue Details im Prozess, Beute bleibt verschwunden
2019 brechen zwei Männer ins Historische Grüne Gewölbe Dresden ein und erbeuten Juwelen von Millionenwert. Der Prozess läuft noch bis ins nächste Jahr.

Die Lücken im Juwelenzimmer des Historischen Grünen Gewölbes in Dresden erinnern an den Tag, der nicht nur die Kunstwelt erschütterte. Die fehlenden Preziosen können Besucher nach wie vor nur auf einer Tafel betrachten, die neben der Vitrine steht. Die Originale wurden am 25. November 2019 bei einem spektakulären Einbruch ins Dresdner Residenzschloss gestohlen. Es fehlen 21 Schmuckstücke mit Tausenden Diamanten und Brillanten, die einen Versicherungswert von über 113 Millionen Euro haben.
Auf wessen Konto das Verbrechen geht, scheint drei Jahre danach relativ klar – mehrere Verdächtige sind in Untersuchungshaft. Der seit Ende Januar laufende Prozess offenbarte, wie der Coup ablief und wie dreist die Täter vorgingen, er zeigt aber auch, welche Blauäugigkeit und Versäumnisse es im Bereich Sicherheit gab. Die Juwelendiebe hatten leichtes Spiel, weil der „Staatsschatz“ nicht so gut behütet war wie stets behauptet. Inzwischen ist nachgebessert worden – zu spät für die einzigartigen Preziosen, deren Schicksal und Verbleib unbekannt sind.
Goldmünzen-Diebstahl in Berlin verlief ähnlich
Zwei Männer waren am 25. November 2019 in das berühmte Museum eingedrungen, hatten mit einer Axt Löcher in eine Vitrine geschlagen und mit Diamanten und Brillanten verzierte Schmuckstücke des 17. und 18. Jahrhunderts herausgerissen. Die Beute, laut Anklage mit einem Gesamtversicherungswert von mindestens 113,8 Millionen Euro, ist verschwunden. Wahrscheinlich ist, dass der Coup auf das Konto eines bekannten arabischstämmigen Berliner Clans geht, der auch für den Diebstahl der „Maple Leaf“-Goldmünze aus dem Bode-Museum in Berlin 2017 verantwortlich gemacht wird – nach ähnlichem Muster.
Sechs Mitglieder der Großfamilie zwischen 23 und 28 Jahren müssen sich seit Monaten wegen der Tat vor Gericht verantworten, ihnen wird schwerer Bandendiebstahl und Brandstiftung vorgeworfen. Fünf sind in Untersuchungshaft, zwei verbüßen eine mehrjährige Jugendstrafe wegen der Goldmünze. Den jungen Männern wird auch vorgeworfen, einen Stromkasten in Schlossnähe sowie ein Fluchtauto in einer Tiefgarage in Brand gesetzt zu haben.
Mitarbeiter bemerkten nicht, dass Personen auf die Mauer klettern
Bei den Staatlichen Kunstsammlungen wurde ein solcher Diebstahl bis vor drei Jahren für undenkbar gehalten, niemand hatte zudem mit einem Einbruch in der Nacht gerechnet. Der Außenschutz per Scanner, eine Art elektronischer Fassaden-Vorhang, funktionierte nicht - und eine lange bekannte Sicherheitslücke am Einstiegsfenster wurde nicht beseitigt.
Die Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale des Schlosses bekamen in drei Nächten vor dem Einbruch nichts davon mit, dass auf ihren Monitoren Menschen über die Schlossmauer kletterten. Tage vorher wurde das Gitter des im toten Winkel liegenden Einstiegsfensters zu dem Museum im Erdgeschoss des Residenzschlosses durchtrennt und dann provisorisch zusammenklebt - und am Tattag war der Alarm nicht scharf geschaltet.
Wachleute: Ermittlungen wurden eingestellt

Weil das Alarmlicht aus war, sind die Personen im Museum auf den Videos der Überwachungskameras nicht zu identifizieren. Und auch ein Mantrailer-Hunde-Einsatz anderthalb Jahre nach dem Einbruch brachte die Ermittlungen nicht entscheidend voran: Gutachter schlossen vor Gericht aus, dass sich Geruchsspuren so lange halten und die speziell trainierten Hunde tatsächlich in und um das Museum fündig wurden.
DNA-Spuren könnten Klarheit bringen
Aber an der Schlossmauer vor dem Einstiegsfenster gefundene DNA spricht aus Sicht von Prozessbeobachter Butz Peters dafür, dass fünf der Angeklagten wegen Diebstahls und der beiden Brandstiftungen verurteilt werden könnten. In einem von den Tätern benutzten Fluchtauto fanden sich kleinste Glassplitter der zertrümmerten Museumsvitrine sowie DNA von drei der jungen Männer.
Bei einem 24-Jährigen hält Peters, Jurist und Publizist, einen Freispruch für nicht ausgeschlossen. Von ihm wurde keine DNA-Spur gefunden und er hat wohl ein Alibi für die Tatnacht: eine Behandlung in einem Berliner Krankenhaus. Der Haftbefehl gegen ihn wegen des Einbruchs in das Grüne Gewölbe war schon vor einem Jahr wieder aufgehoben worden, der junge Mann verbüßt derzeit eine Jugendstrafe wegen des Goldmünzen-Diebstahls.
Verbleib der Beute ist bis heute unklar
Der älteste Angeklagte hatte über seinen Anwalt in den ersten Prozesstagen angegeben, vom Tatplaner angeheuert und an der Vorbereitung des Coups beteiligt gewesen, aber dann kurz zuvor ausgestiegen zu sein. Namen nannte er nicht, bis auf den eines Verwandten – seit Mai ist der 22-Jährige unter Tatverdacht in Untersuchungshaft.
Und wo könnte die Beute sein? Die Suche danach ist bisher erfolglos geblieben, trotz ausgesetzter Belohnungen. Kunstmarktdetektiv Willi Korte glaubt, dass die Täter vor dem Einbruch Pläne für den Verkauf der Stücke hatten – und er geht auch davon aus, dass die wertvollen Schmuckstücke für immer für die Öffentlichkeit verloren sind.

