„Boystown“: Polizei sprengt Kinderporno-Plattform im Darknet

Die Plattform „Boystown“ zählte mit zuletzt mehr als 400.000 Mitgliedern zu den weltweit größten. Jetzt gab es sieben Hausdurchsuchungen und drei Festnahmen.

Im Darknet sollen auf der Plattform „Boystown“ mehr als 400.000 Mitglieder kinderpornographische Inhalte ausgetauscht haben. 
Im Darknet sollen auf der Plattform „Boystown“ mehr als 400.000 Mitglieder kinderpornographische Inhalte ausgetauscht haben. dpa/Arne Dedert

Wiesbaden-Nach mehrmonatigen Ermittlungen ist der Polizei die Zerschlagung einer der weltweit größten Kinderpornografie-Plattformen gelungen. Drei Männer wurden in Deutschland festgenommen und ein weiterer Tatverdächtiger in Paraguay gefasst, wie das Bundeskriminalamt (BKA) am Montag in Wiesbaden mitteilte. Die Darknetplattform „Boystown“ soll mehr als 400.000 Mitglieder gehabt haben und international ausgerichtet gewesen sein. Unter den geteilten Bild- und Videoaufnahmen hätten sich auch Aufnahmen des schwersten sexuellen Missbrauchs von Kleinkindern befunden.

Ermittler des BKA und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hatten Mitte April sieben Objekte in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hamburg wegen des Verdachts der bandenmäßigen Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten durchsucht und die drei Männer festgenommen. Zeitgleich sei auf Ersuchen der deutschen Strafverfolgungsbehörden die Festnahme eines weiteren mutmaßlichen Bandenmitglieds in Paraguay erfolgt. Alle vier Beschuldigten haben demnach die deutsche Staatsangehörigkeit.

„Boystown“: Die Drahtzieher kommen aus Deutschland

Bei den drei Hauptbeschuldigten handele es sich um einen 40 Jahre alten Mann aus dem Kreis Paderborn, einen 49 Jahre alten Mann aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern und einen 58 Jahre alten, aus Norddeutschland stammenden Mann, der seit mehreren Jahren in Südamerika lebt. Ihnen werde vorgeworfen, die kinderpornografische Darknetplattformen als Administratoren betrieben zu haben, erklärte das BKA. In dieser Funktion sollen sie maßgeblich mit der technischen Umsetzung der Darknetseite, der Einrichtung und Wartung der Serverstruktur und der Mitgliederbetreuung auf der Plattform beschäftigt gewesen sein.

Gegen den weiteren 64 Jahre alten Beschuldigten aus Hamburg bestehe der Verdacht, als einer der aktivsten Nutzer der Plattform mehr als 3500 Beiträge gepostet zu haben, teilten die Ermittler mit. Die Beschuldigten befänden sich aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts Frankfurt seit Mitte April in Untersuchungshaft, berichteten die Ermittler. Für den Beschuldigten in Paraguay liege ein internationaler Haftbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vor. Auf dessen Grundlage soll die Auslieferung des Tatverdächtigen nach Frankfurt erfolgen

„Boystown“: Weltweiter Austausch von Missbrauchsopfern

Die Plattform mit dem Namen „Boystown“ hatte nach Erkenntnissen der Ermittler seit mindestens Juni 2019 existiert und war ausschließlich über das sogenannte Darknet zu erreichen. Dabei sei es vor allem um den weltweiten Austausch von Missbrauchsaufnahmen von Jungen unter den Mitgliedern gegangen. Das kinderpornografische Forum und weitere Chatplattformen wurden laut BKA und der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt im Anschluss an die Durchsuchungsmaßnahmen abgeschaltet.

„Dieser Ermittlungserfolg hat eine klare Botschaft: Wer sich an den Schwächsten vergeht, ist nirgendwo sicher“, betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). „Dafür arbeiten die Fahnder Tag und Nacht, online und offline, weltweit. Wir ziehen die Täter zur Rechenschaft und tun das Menschenmögliche, um Kinder vor so widerwärtigen Verbrechen zu schützen.“

„Hinter jedem Video verbergen sich entsetzliches Leid und schlimmste Schicksale“

Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) sprach von einer „widerwärtigen Plattform“ und lobte ebenfalls den Ermittlungserfolg bei der Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. „Hinter jedem Foto und Video verbergen sich entsetzliches Leid und schlimmste Schicksale“, betonte die Ministerin. Allen Personen, die diesen Darstellungen einen Markt geben, müsse daher mit größter Konsequenz begegnet werden.

Die ZIT wurde als Sondereinheit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt im Jahr 2010 gegründet. Sie gilt als erster Ansprechpartner des BKA für Internetstraftaten, wenn die örtlichen Zuständigkeiten für die Ermittler noch unklar sind oder bei Massenverfahren gegen Verdächtige bundesweit. Die Experten befassen sich mit Delikten der Kinderpornografie, dem Handel von Waffen, Drogen und Fälschungen im Darknet sowie Hackerangriffen, Datendiebstahl und Hass und Hetze im Internet.