ESC-Sieger Kalush Orchestra: „Wir werden nach dem Krieg eine große Feier haben“

Noch ist der Siegerband aus der Ukraine nicht nach Feiern zumute. Unterdessen wird das Video zu „Stefania“ millionenfach angeklickt. Es wurde in der Ukraine gedreht.

Sie haben es geschafft: Das Kalush Orchestra aus der Ukraine hat den Eurovision Song Contest gewonnen. Feiern wollen die Musiker aber erst nach dem Krieg.
Sie haben es geschafft: Das Kalush Orchestra aus der Ukraine hat den Eurovision Song Contest gewonnen. Feiern wollen die Musiker aber erst nach dem Krieg.dpa/Jens Büttner

Trotz ihre Rekord-Gewinns beim Eurovision Song Contest (ESC) ist der ukrainischen Siegerband Kalush Orchestra nicht nach Feiern zumute. „Wir werden vielleicht nach dem Krieg eine große Feier haben, denn der Sieg ist großartig, den ESC zu gewinnen ist fantastisch, aber es passiert gerade so viel“, sagte Rapper Oleh Psjuk am Sonntagabend bei einer Online-Pressekonferenz. „Ich meine, Menschen die man kennt, werden in diesem Krieg getötet oder kämpfen darin oder verlieren ihre Jobs in der Ukraine. Das ist nicht wirklich die beste Grundlage für eine Feier“, fuhr der Musiker fort, der am Montag seinen 28. Geburtstag feiert.

Kalush Orchestra gewannen in der Nacht zu Sonntag den Grand Prix in Turin mit großem Abstand. Deutschland wurde mit Malik Harris und „Rockstars“ letzter. Die sechsköpfige Band aus der Westukraine erhielt 439 Zuschauerstimmen und überholte die Konkurrenz aus Großbritannien, Schweden und Spanien. So viele Stimmen des Publikums bekam bislang kein Beitrag bei einem ESC.

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Video zu „Stefania“ wurde auch in Butscha und Irpin aufgenommen

Kalush Orchestra sang das Lied „Stefania“ - eine Hommage an Psjuks Mutter. Am Sonntag veröffentlichte die Band auf Youtube ein Musikvideo, das binnen weniger Stunden mehr als drei Millionen Klicks erreichte (Stand Sonntagabend). Der Clip zeigt unter anderem Soldatinnen, die Kinder über Trümmerfelder tragen oder die in ausgebombten Hochhäusern stehen. Er wurde laut Plattenfirma auch in Butscha und Irpin aufgenommen, Vororten von Kiew, die im russischen Angriffskrieg besonders hart getroffen wurden.

„Wir haben entschieden, das Video in der Ukraine zu drehen, um jedem zu zeigen, wie es in der Ukraine heute aussieht“, erklärte Psjuk dazu. In der Erläuterung zum Video schrieb er: „Wenn Stefania nun die Hymne unseres Krieges ist, dann möchte ich, dass es zur Hymne unseres Sieges wird.“

Der Rapper freut sich nach eigenen Worten, wieder in die Ukraine zurückzukehren, weil er dort seine Familie wiedersehen kann: „Ich habe mein zu Hause wirklich sehr vermisst.“ Die Band durfte per einstweiliger Genehmigung ausreisen, muss aber in den kommenden Tagen wieder in die Ukraine zurück. Laut ihres Frontmannes wollen Kalush Orchestra demnächst auch einen neuen Song veröffentlichen.