Hannover-Mehrere Vertreter der evangelischen Kirche werben für die Möglichkeit eines begleiteten professionellen Suizids in kirchlich-diakonischen Einrichtungen. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) unter Berufung auf eine Stellungnahme, zu deren Unterzeichnern unter anderem der hannoversche Landesbischof Ralf Meister und der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, gehörten. Die Landeskirche Hannover bestätigte am Sonntag die Stellungnahme, die die Zeitung am Montag in voller Länge veröffentlicht.
Dem FAZ-Bericht zufolge fordern die Theologen, dass kirchliche Einrichtungen zwar eine bestmögliche medizinische und pflegerische Palliativversorgung sicherstellen sollen, sich dem freiverantwortlichen Wunsch einer Person, ihrem Leben mit ärztlicher Hilfe ein Ende zu setzen, aber nicht verweigern dürften.
„Leider gibt es im Umgang mit Suizidenten durch die Kirche eine lange Schuldgeschichte“, zitiert die Zeitung die Stellungnahme. Heute gebiete es dagegen der „aus dem christlichen Glauben entspringende Respekt vor der Selbstbestimmung“, dem Sterbewilligen Beratung, Unterstützung und Begleitung anzubieten. Kirchliche Einrichtungen müssten daher Orte sein, in denen sich Menschen auf „sichere und nicht qualvolle Weise“ das Leben nehmen könnten.
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Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erklärte auf Anfrage, es handele sich dabei um die Position der Autoren der Stellungnahme und nicht der EKD. Die evangelische Kirche stehe „auch an der Seite derer, die aufgrund von Erkrankung oder einer anderen Notsituation keinen anderen Ausweg als die Selbsttötung sehen“, lehne aber „jede organisierte Hilfe zum Suizid, die dazu beiträgt, dass die Selbsttötung zur Option neben anderen wird“ ausdrücklich ab, erklärte ein Sprecher. „Dass Menschen nur noch die Möglichkeit des Suizids sehen, ist immer eine tragische Grenzsituation, die die EKD und ihre Diakonie durch die Bereitstellung palliativer Versorgung, Seelsorge, Beratung und die Arbeit der Hospize zu verhindern versuchen.“
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, betonte in einer Reaktion auf das Schreiben der Theologen, es gehe bei der Suizidbeihilfe nicht allein um sterbende Menschen. Auch „lebenssatte, einsame, pflegebedürftige oder psychisch erkrankte Menschen“ hätten ein Recht auf Hilfe zur Selbsttötung. „Es wird also vom höchsten Interesse sein, wie Tausende Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser in protestantischer Trägerschaft die Suizidbeihilfe organisieren wollen“, sagte Brysch.
Für die Beschäftigten sei das eine unerträgliche Zumutung. „Es wird Zeit, dass sich die evangelischen Kirchen in Deutschland in aller Breite dieser Diskussion stellen. Dann wird auch klar, ob die Vorschläge mehrheitsfähig und verantwortungsbewusst sind“, sagte Brysch.
Die Evangelische Kirche in Deutschland erklärte, sie halte den gesellschaftlichen Diskurs über Leid und Tod für notwendig. Dazu könnten auch evangelische Stimmen beitragen, „die von der klaren Position des Rates der EKD abweichen“.
Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de
Kinder- und Jugendtelefon: Das Angebot des Vereins Nummer gegen Kummer richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis sonnabends von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800 – 111 0 333. Am Sonnabend nehmen die jungen Berater des Teams Jugendliche beraten Jugendliche die Gespräche an. nummergegenkummer.de
Muslimisches Seelsorge-Telefon: Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 – 44 35 09 821 zu erreichen. Ein Teil von ihnen spricht auch Türkisch. mutes.de
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention: Eine Übersicht aller telefonischer, regionaler, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland gibt es unter suizidprophylaxe.de
