Chicago-Die Erstürmung der Wohnung einer unschuldigen Afroamerikanerin, die dann nackt in Handschellen gelegt wurde, hat in Chicago für Empörung gesorgt. Die Polizisten stürmten bei dem Einsatz in der US-Großstadt die falsche Wohnung und nahmen kurzzeitig die 50-jährige Sozialarbeiterin Anjanette Young fest. Videos von dem Polizeieinsatz, der sich bereits im Februar 2019 ereignete, wurden erst jetzt publik.
Die im Sender CBS 2 Chicago veröffentlichten Aufnahmen von den Körperkameras der Polizisten zeigen, wie die schwerbewaffneten Beamten abends die Haustür mit einem Rammbock öffnen. In der Wohnung legen die Polizisten der nackten Young, die sich nach eigenen Angaben gerade umziehen wollte, hinter ihrem Rücken Handschellen an.
„Was geht hier vor?“, ruft die sichtlich verängstigte Sozialarbeiterin. „Was suchen Sie?“ Immer wieder betont Young, dass die Polizisten sich in der Wohnung geirrt hätten. Die Polizisten legen ihr erst eine Jacke, dann eine Decke um die Schultern. Erst später wird den Polizisten klar, dass sie bei der Suche nach einem Verdächtigen die falsche Wohnung gestürmt haben. Laut CBS 2 Chicago nahmen sie Young die Handschellen erst nach rund 20 Minuten wieder ab.
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„Ich hatte solche Angst“, sagte Young zu dem Sender. „Ich hätte an diesem Abend sterben können. Wenn ich eine falsche Bewegung gemacht hätte, hätten sie mich erschossen.“ Young hat die Polizei verklagt. Ihr Anwalt Keenan Saulter sagte, wäre die 50-Jährige eine weiße Frau gewesen, wäre sie sicherlich von den Polizisten anders behandelt worden.
Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot äußerte sich „entsetzt“ über den Vorfall und bezeichnete den Polizeieinsatz als „kolossales Versagen“. Lightfoot weiter: „Das hätte auch ich sein können.“ Der Polizeieinsatz gegen Young weckte bei vielen Erinnerungen an den Fall Breonna Taylor. Die junge Schwarze war im März in Louisville im Bundesstaat Kentucky von weißen Polizisten erschossen worden, die ihre Wohnung gestürmt hatten. Taylors Freund hatte auf die Beamten geschossen, weil er nach eigenen Angaben an einen Überfall glaubte. Die Polizisten erwiderten das Feuer und erschossen Taylor, wohingegen ihr Freund nicht getroffen wurde.
Taylor wurde zu einer Symbolfigur der Black-Lives-Matter-Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Im September sorgte dann die Entscheidung der Justiz für Empörung, keinen der Beamten wegen der Schüsse auf Taylor anzuklagen: Die Beamten hätten in Notwehr gehandelt.
