Femizid an Hatun Sürücü in Berlin-Tempelhof jährt sich heute zum 18. Mal

Die Deutsch-Kurdin wollte ihr eigenes Leben leben, legte das Kopftuch ab, brach mit der Familie. Ihr Bruder erschoss Hatun Sürücü am 7. Februar 2005.

Hatun Sürücü  
Hatun Sürücü wdr/WDR Privat

Der Mord an Hatun Sürücü jährt sich am Dienstag zum 18. Mal. Vor genau 18 Jahren, am 7. Februar 2005, wurde die damals 23-jährige Deutsch-Kurdin, die in Berlin geboren wurde, von ihrem Bruder auf offener Straße in Tempelhof erschossen. Weil sie ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führen wollte, musste sie aus Sicht ihrer Familie sterben. Ihr gewaltsamer Tod hat eine breite gesellschaftliche und politische Debatte über sogenannte „Gewalt im Namen der Ehre“ und Zwangsheirat ausgelöst. Das Schicksal von Hatun Sürücü wurde 2019 verfilmt.

Gleichstellungssenatorin Ulrike Gote (Grüne) erinnert an sie: „Meine Gedanken sind heute bei Hatun Sürücü, aber auch bei Zohra G. und alle weiteren Frauen und Mädchen, die Opfer eines Femizids geworden sind. Ich denke auch an die Frauen und Mädchen, die gegen ihren Willen in eine Ehe gezwungen werden oder auf andere Art geschlechtsspezifische Gewalt erfahren.“

Fall von Zohra Gül aus Pankow weckt Erinnerungen an Hatun Sürücü

Im April 2022 wurde die sechsfache Mutter Zohra G. von ihrem Ex-Mann in Berlin-Pankow vor einer Flüchltingsunterkunft getötet. Die Afghanin hatte sich von ihm getrennt, wollte ein eigenes Leben leben. Der Prozess gegen den Mann läuft aktuell.   

Gewalt gegen Frauen sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich nicht auf ein bestimmtes Milieu oder auf eine Personengruppe reduzieren lasse, erklärte Gote. Der Femizid sei die extremste Form von Gewalt gegen Frauen: die Tötung einer Frau, weil sie eine Frau ist, als Hassverbrechen und extreme Manifestation männlicher Dominanz.

„Wir müssen die drohende Gefahr eines Femizids noch schneller erkennen und besser einschätzen. Hierfür bauen wir bereits die behördenübergreifende Zusammenarbeit aus und beziehen nicht-staatliche Institutionen ein“, erklärte die Senatorin weiter. 

Hilfe für bedrohte Frauen: Berliner Senat gibt Zahlen bekannt

In Berlin stehen nach Angaben des Berliner Senats Beratungsangebote sowie sieben Frauenhäuser, 45 Zufluchtswohnungen und 50 Zweite-Stufe-Wohnungen zur Verfügung. Insgesamt verfügt Berlin damit aktuell über 872 reguläre Schutzplätze, hinzu kommen 30 Schutzplätze in drei temporären Frauen-Not-Wohnungen. Noch in der ersten Jahreshälfte 2023 soll das achte Frauenhaus mit 40 Schutzplätzen für Frauen und ihre Kinder, auch für ihre Söhne bis 18 Jahre, in Betrieb genommen werden. Hinzu kommen weitere 15 Schutzplätze in einem Projekt für ein 24/7-Aufnahme- und Clearingangebot für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder.