Fischsterben an der Oder weitet sich aus, Zusammenarbeit mit Polen vereinbart

Die Belastungen der Oder könnten auch in das Stettiner Haff gelangen. Polen geht davon aus, dass das Gift absichtlich in den Fluss gekippt wurde. Die Entwicklungen.

Eine freiwillige Helferin holt zwei tote und schon stark verweste Fische aus der Oder.
Eine freiwillige Helferin holt zwei tote und schon stark verweste Fische aus der Oder.dpa/Patrick Pleul

Stettin/Ueckermünde-Das Umweltministerium in Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit Auswirkungen des Fischsterbens in der Oder auf das Stettiner Haff. Es sei damit zu rechnen, dass die Belastungen die Odermündung nahe Stettin (Polen) abhängig von Wind- und Strömungsverhältnissen bereits am Abend erreichen, schrieb das Ministerium in einer Mitteilung am späten Freitagabend. Im Verlauf des Samstags könnte dann auch der vorpommersche Teil des Stettiner Haffs betroffen sein.

Das Ministerium von Till Backhaus (SPD) rief daher die Anlieger vorsorglich dazu auf, auf das Fischen in und die Wasserentnahme – unabhängig von der Nutzung – aus dem Gewässer zu verzichten. Die zuständigen Behörden in Mecklenburg-Vorpommern bereiten demnach aktuell Gewässer- und Fischproben vor.

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Lemke reist an die Oder

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat bei der Aufklärung des Fischsterbens in der Oder anfängliche Probleme bei der Zusammenarbeit mit Polen eingeräumt. Die Grünen-Politikerin strebt nun eine bessere Koordinierung an.

„Die Frage der deutsch-polnischen Zusammenarbeit hat an dieser Stelle ganz offensichtlich nicht funktioniert (...), sonst hätten wir früher Informationen erhalten, zumindest das Land Brandenburg oder auch die Anrainerkommunen“, sagte Lemke am Samstagabend in Frankfurt (Oder). Dort hatten Helfer viele tote Fische vom Ufer eingesammelt. „Tatsächlich wissen wir, dass diese Meldekette, die für solche Fälle vorgesehen ist, nicht funktioniert hat“, hatte ein Sprecher des Umweltministeriums zuvor gesagt. Brandenburg hatte ebenfalls offen kritisiert, es sei von polnischen Behörden nicht informiert worden.

Lemke sagte, mit ihrer polnischen Amtskollegin Anna Moskwa habe sie bereits am Freitag in einem ersten Gespräch dazu vereinbart, dass es eine gemeinsame Expertenbewertung der Situation und einen Austausch der Analyseergebnisse geben solle. Sie kündigte weitere Gespräche mit Moskwa an. „Und wir werden auf dem deutsch-polnischen Umweltrat übernächste Woche die Thematik mit Sicherheit vertiefen.“

Aus Lemkes Haus kam am Freitag Kritik, Polen habe nicht rechtzeitig gewarnt. „Tatsächlich wissen wir, dass diese Meldekette, die für solche Fälle vorgesehen ist, nicht funktioniert hat“, hatte ein Sprecher gesagt. Brandenburg hatte ebenfalls offen kritisiert, sie seien von polnischen Behörden nicht informiert worden.

Polens Ministerpräsident: Gift wurde wohl mit Absicht in die Oder gekippt

Wegen des Fischsterbens hat Polen eine hohe Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung eines Täters führen. Die Polizei habe dafür eine Summe von umgerechnet 210.000 Euro ausgelobt, sagte Vize-Innenminister Maciej Wasik am Samstag in Gorzow Wielkopolski. Einem Bericht der BZ zufolge vermutet Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, dass Unbekannte das Gift absichtlich in den Fluss gekippt haben. „Es ist wahrscheinlich, dass eine riesige Menge chemische Abfälle in den Fluss gekippt wurde – und das in voller Kenntnis der Risiken und Folgen. Wir wollen die Schuldigen finden und die Täter des Umweltverbrechens bestrafen, um das es hier wahrscheinlich geht“, betonte Regierungschef Mateusz Morawiecki.

Erhöhte Quecksilberwerte sind nach Angaben der polnischen Regierung nicht die Ursache für das Fischsterben in der Oder. Dies hätten die ersten toxikologischen Untersuchungsergebnisse von Proben toter Fische ergeben, schrieb Polens Umweltministerin Anna Moskwa am Samstag auf Twitter. „Das staatliche Veterinärinstitut hat sieben Arten getestet. Es hat Quecksilber als Ursache für das Fischsterben ausgeschlossen.“ Man warte nun auf die Ergebnisse von Untersuchungen auf andere Schadstoffe.

Polens Regierung und Behörden stehen unter Druck, weil sie zu zögerlich auf das Fischsterben reagiert haben. Am Freitagabend hatte Morawiecki deshalb den Chef der Wasserbehörde und den Leiter der Umweltbehörde entlassen. Er schließe weitere personelle Konsequenzen nicht aus, sagte der Regierungschef nun. Morawiecki räumte ein, er habe erst am 10. August von dem massiven Fischsterben erfahren. „Ich wurde auf jeden Fall zu spät informiert.“

Die Ursache für massenhafte Fischsterben entlang der Oder ist noch nicht klar. Bisherige Laboranalysen brachten noch keinen genauen Aufschluss über die Belastung des Wassers und die Ursachen. Da die Ursache für die Umweltkatastrophe in Polen vermutet wird, wurden in Deutschland bereits Vorwürfe laut, das Nachbarland habe nicht rechtzeitig informiert und die übliche Meldekette bei solchen Ereignissen nicht eingehalten.