Frankreichs Regierung drückt Rentenreform durchs Parlament

Eine Mehrheit im Parlament schien wackelig. Nun greift die französische Regierung zu einem Machtinstrument.

Linke Abgeordnete zeigen ihren Protest in der Nationalversammlung. 
Linke Abgeordnete zeigen ihren Protest in der Nationalversammlung. Thomas Padilla/AP

Frankreichs Regierung hat die umstrittene Rentenreform ohne finale Abstimmung durchs Parlament gedrückt. Sie entschied am Donnerstag, das wichtigste Reformprojekt von Präsident Emmanuel Macron ohne Abstimmung in der Nationalversammlung umzusetzen. Die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre kann aber noch durch ein Misstrauensvotum gekippt werden.

Kurz vor der geplanten Abstimmung am Donnerstag gab ein eilig einberufener Ministerrat grünes Licht für die Anwendung des Verfassungsartikels 49.3. Dieser ermöglicht die Verabschiedung eines Gesetzes ohne parlamentarische Abstimmung, falls die Regierung einen damit verbundenen Misstrauensantrag übersteht. Die Opposition kritisierte das „brutale Vorgehen“ Macrons.

Die Regierung hatte offenbar die Zuversicht verloren, bei der für den Nachmittag geplanten Abstimmung in der Nationalversammlung genügend Stimmen der konservativen Republikaner für das Reformprojekt zu bekommen.

Vertrauensvotum: Falls Regierung Abstimmung verliert, gibt es Neuwahlen

Die Opposition hat 24 Stunden Zeit, um einen oder mehrere Misstrauensanträge zu stellen. Die rechtspopulistische Fraktionsvorsitzende Marine Le Pen kündigte umgehend einen Antrag ihrer Gruppe an. Falls die Regierung die Abstimmung verliert, läuft dies auf Neuwahlen hinaus.

Die Stimmung in der Nationalversammlung war stark aufgeheizt. Teile der Abgeordneten sangen lautstark die Nationalhymne, es gab zahlreiche wütende Zwischenrufe.

Im Senat, dem Oberhaus des französischen Parlaments, war die umstrittene Rentenreform am Vormittag gebilligt worden. In der Nationalversammlung verfügt die Regierung aber nicht über eine absolute Mehrheit und ist auf Stimmen der konservativen Republikaner angewiesen.