Berlin-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat ihren Doktortitel niedergelegt. In einem Schreiben an das Präsidium der Freien Universität (FU) Berlin erklärte sie am Freitag, „den mir am 16. Februar 2010 von der Freien Universität Berlin mit der Gesamtnote ‚magna cum laude‘ verliehenen Titel Dr. rer. pol. ab sofort und auch zukünftig nicht mehr zu führen“. Sie wolle damit Schaden von ihrer Familie, ihrer politischen Arbeit und ihrer Partei abwenden. Am Nachmittag berichteten zunächst die Zeitungen der Funke-Medien-Gruppe darüber.
Für den Berliner SPD-Vorsitz will Giffey weiterhin kandidieren. Das teilte sie ebenfalls am Freitag mit. „Ich freue mich darauf, im nächsten Jahr gemeinsam mit den Berliner Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten einen engagierten Wahlkampf zu führen“, schrieb sie in einer anderen Mitteilung.
Unklar ist bisher, ob sie auch als Ministerin zurücktreten wird. Giffey hatte 2019 erklärt, dass sie ihr Amt aufgeben werde, wenn die FU ihr den Titel aberkennt. Das ist noch nicht geschehen. Vor einer Woche allerdings hatte die FU angekündigt, die Rüge gegen Giffey aufzuheben und ihre Doktorarbeit neu zu bewerten. Ob das Verfahren seitens der FU fortgeführt wird, ist noch unklar. „Die Freie Universität Berlin hat heute Nachmittag das Schreiben von Frau Giffey erhalten und zur Kenntnis genommen“, teilte ein Sprecher des Präsidenten der Berliner Zeitung auf Nachfrage mit. „Die Universität prüft nun mögliche Auswirkungen auf das Verfahren.“ Wie lange das dauern wird, wurde nicht gesagt.
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Das Präsidium der Freien Universität hat vor genau einer Woche angekündigt, die Doktorarbeit von Giffey erneut zu prüfen. Giffey hatte die Werke anderer Autoren zitiert, ohne dies kenntlich zu machen. Die FU hatte ihr trotzdem erlaubt, den Doktortitel weiterzuführen und lediglich eine Rüge ausgesprochen. Das Gutachten darüber blieb unter Verschluss, bis der AStA, die Studierendenvertretung der Freien Universität, die Herausgabe aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes erstritt und es Anfang Oktober im Internet veröffentlichte.
Klar ist seitdem, dass das FU-Gremium offenbar nicht die gesamte Dissertation überprüft hat, sondern lediglich die 119 Textpassagen, die von der Onlineplattform vroniplag.wikia.org bemängelt worden waren. Die Veröffentlichung auf dieser Plattform hatte das Verfahren erst ins Rollen gebracht.
In jüngster Zeit gab es dann noch mehrere Rechtsgutachten, die sich mit der Rüge als Instrument an sich befassten. Dazu gab es unterschiedliche Wertungen. Der Gutachter, den die FU dazu eingesetzt hatte, kam zu dem Schluss, dass sie zulässig sei, aber nur bei einem minderschweren Fall. Den jedoch sieht das FU-Präsidium nun offenbar nicht mehr als gegeben an.
In der Berliner SPD reagierte man am Freitag auf Giffeys Verzicht mit Erleichterung. „Das war ein wichtiges Zeichen“, sagte Lars Rauchfuß, Kreisvorsitzender von Tempelhof-Schöneberg und enger Vertrauter des noch amtieren Landesvorsitzenden und Regierenden Bürgermeisters Michael Müller. Nun liege der Ball bei der FU, so Rauchfuß weiter. Diese müsse erklären, ob sie das Verfahren komplett einstellt. SPD-Landesgeschäftsführerin Anett Seltz schrieb auf Twitter: „Wenn jemand etwas tut, mit dem niemand gerechnet… Starke Entscheidung.“
Andere zeigten sich skeptisch, wollten sich aber nicht offiziell äußern. Im Laufe der Woche hatte es auch in Reihen der SPD geheißen, dass ein Verzicht auf den Doktortitel womöglich zu spät kommt. Der AStA der FU schrieb auf Twitter: „Ein längst überfälliger Schritt. Die FU muss jetzt den Titel offiziell aberkennen.“ Der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU, Adrian Grasse, sagte der Berliner Zeitung, der Schritt von Giffey sei „folgerichtig und überfällig“. Man erwarte jetzt, „dass das Verfahren der Freien Universität jetzt frei von politischem Einfluss zu Ende geführt wird“, so Grasse. „Die Rolle der Wissenschaftsverwaltung in Zusammenhang mit dem Verfahren ist umfassend aufzuklären. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.“
