Berlin-Rätselhafte Knochenfunde auf dem Gelände der Freien Universität Berlin (FU) lassen Wissenschaftler noch immer im Dunkeln tappen. Die Forscher können einen Zusammenhang mit Verbrechen im Nationalsozialismus allerdings nicht vollständig ausschließen. Die Herkunft könne aber nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden, hieß es bei der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen am Mittwoch.
Die ersten menschlichen Skelett-Teile waren 2014 zufällig bei Bauarbeiten nahe des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik entdeckt worden. Dieses Institut zählte nach Angaben der FU zu einer der wichtigsten Einrichtungen für die vermeintlich wissenschaftliche Legitimation der mörderischen nationalsozialistischen Rassenpolitik. Deshalb gab es in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft und dem Landesdenkmalamt Berlin bis 2016 weitere Grabungen nahe der Fundstelle. Insgesamt entdeckten die Forscher rund 16.000 Knochen, darunter auch von Tieren.
Die Ergebnisse zeigten, dass die menschlichen Knochen von Männern und Frauen aller Altersgruppen stammten, berichtete FU-Archäologin Susan Pollock. Reste vom Klebstoff und Beschriftung auf manchen Knochen sowie das Fehlen moderner medizinischer Eingriffe hätten für viele Funde in Richtung einer Herkunft aus anthropologischen oder archäologischen Sammlungen gedeutet.
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Menschenverachtende Respektlosigkeit
Die Zusammensetzung entspreche jedoch keiner typischen Sammlung aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Es sei deshalb nicht völlig auszuschließen, dass manche Knochen auch aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen könnten. „Wenn wir die Herkunft auch nicht genau bestimmen können, so müssen wir bedauern, dass sie mit einer menschenverachtenden Respektlosigkeit in Gruben auf dem Institutsgelände verscharrt wurden“, sagte Pollock.
In Zukunft solle es auch um eine würdige, nicht-religiöse Bestattung sowie über Möglichkeiten für einen Gedenkort auf dem Campus der Freien Universität Berlin gehen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wurden nach FU-Angaben in die Beratungen über den Umgang mit den Funden und die Untersuchungsmethoden einbezogen.
Die Tierknochen, die zum Teil mit den menschlichen Knochenfragmenten vermischt waren, stammen den Ergebnissen zufolge vor allem von Kaninchen und Ratten, wahrscheinlich spezifischen Laborzüchtungen.
