G7-Gipfel: Hunderte Milliarden Euro für Entwicklungsländer, um China auszubremsen

Das neue Programm soll die Antwort der westlichen Staaten auf die riesige Investitionsoffensive Chinas in Entwicklungsländern sein. Das steht noch auf dem Plan.

Die Regierungschefs der G7-Länder haben an diesem Tisch die Gestaltung der Weltwirtschaft besprochen.
Die Regierungschefs der G7-Länder haben an diesem Tisch die Gestaltung der Weltwirtschaft besprochen.Pool The New York Times

Mit einem 600 Milliarden Dollar umfassenden Investitionsprogramm wollen die Staaten der G7 dem wachsenden Einfluss Chinas in Entwicklungsländern entgegentreten. Diese Summe solle in den kommenden fünf Jahren „mobilisiert“ werden, um Infrastrukturprojekte in ärmeren Ländern zu finanzieren, teilte das Weiße Haus am Sonntag auf dem G7-Gipfel in Schloss Elmau mit.

Die Initiative mit dem Namen „Partnerschaft für Globale Infrastruktur“ solle „hochwertige und nachhaltige Infrastruktur ermöglichen“, hieß es in der Erklärung des Weißen Hauses. Alleine die USA wollten dafür in den kommenden fünf Jahren 200 Milliarden Dollar „mobilisieren“. Die Kosten wolle die US-Regierung aber nicht alleine tragen. Zustande kommen solle der Betrag durch eine Kombination aus Krediten, staatlicher Finanzierung und privatem Kapital.

Das Investitionsprogramm soll die Antwort der westlichen Staaten auf die gigantische Investitionsoffensive Chinas in Entwicklungsländern sein: Im Rahmen des Projekts „Neue Seidenstraße“ hatte die Volksrepublik in den vergangenen Jahren zahlreiche Infrastrukturprojekte vor allem in ärmeren Ländern Asiens und Afrikas finanziert.

Kritiker werfen der Volksrepublik vor, damit vor allem eigene Interessen zu vertreten - etwa die Sicherung von Handelswegen sowie den Zugang zu Rohstoffen - und nicht die Interessen der Empfängerländer.

Länder merken, dass sie von Chinas Investitionen nicht profitieren

Viele der Empfängerländer hätten „inzwischen realisiert, dass sie höher verschuldet sind, dass ihre Wirtschaftsleistung nicht nennenswert gestiegen ist und dass diese sogenannten Investitionen nicht die Bevölkerung erreicht haben“, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter in Elmau.

Für die Länder der G7 sei es „noch nicht zu spät“, hier dagegenzuhalten, sagte er. Der Schwerpunkt der G7-Initiative solle „eindeutig“ auf Afrika liegen, sagte er. Aber auch Länder in Südost- und Zentralasien sowie in Mittelamerika sollten davon profitieren, sagte er.

So geht es heute nach den ersten Gesprächen weiter

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden haben zudem die Geschlossenheit des Westens gegenüber Russland beschworen. „Wir müssen zusammenbleiben“, sagte Biden zum Auftakt der bilateralen Unterredung auf dem bayerischen Schloss Elmau. Russlands Präsident Wladimir Putin habe vergeblich darauf gesetzt, „dass sich die Nato und die G7 irgendwie spalten“, sagte er. „Das wird nicht passieren.“

Kanzler Scholz äußerte sich ähnlich: „Wir bleiben geschlossen“, sagte er. Im Mittelpunkt der Unterredung sollte der russische Krieg gegen die Ukraine stehen, sagte ein hochrangiger US-Regierungsbeamter vorab. Das Gespräch solle der „anhaltenden engen Abstimmung an der politischen und diplomatischen Front dienen“.

Kommen neue Sanktionen gegen Russland?

Der US-Beamte nannte eine Reihe von Punkten, die in der Unterredung zur Sprache kommen sollten: Finanzhilfen für die Ukraine, die weitere Unterstützung des Landes im Sicherheitsbereich sowie Sanktionen gegen Russland.

Das Treffen von Scholz und Biden solle zudem der Stärkung der bilateralen Beziehungen dienen. Präsident Biden habe „seit seinem Amtsantritt sehr viel in die bilateralen Beziehungen mit Deutschland investiert“, sagte der US-Beamte. „Der Präsident hat eine sehr enge und effiziente Arbeitsbeziehung mit Kanzler Scholz aufgebaut.“

Fumio Kishida, Premierminister von Japan, wird von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Frau Britta Ernst begrüßt.
Fumio Kishida, Premierminister von Japan, wird von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Frau Britta Ernst begrüßt.dpa/Philipp von Ditfurth

G7-Gipfel in Elmau: Das beraten die Industrienationen heute

Der G7-Gipfel soll nicht nur durch den Ukraine-Krieg und seine Folgen dominiert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will als Gastgeber auch sein Vorhaben eines „Klimaclubs“ voranbringen. Er soll verhindern, dass Unternehmen aus Ländern, die sich ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz setzen, unfaire Konkurrenz aus Staaten mit niedrigen Umweltstandards erhalten. Gespräche zum Klimaclub soll es gleich in der ersten Arbeitssitzung am Sonntagnachmittag zur Lage der Weltwirtschaft geben.

Scholz hatte den Vorschlag bereits im vergangenen Jahr gemacht, als er noch Bundesfinanzminister in der großen Koalition war. Er geht auf eine Idee des US-Wirtschaftsnobelpreisträgers William Nordhaus zurück. Dieser argumentierte 2015 in einem Artikel, dass abgestimmte Handelssanktionen in Form von Schutzzöllen ein wirksames Instrument sein könnten, um Klimaziele international durchzusetzen.

G7-„Klimaclub“ soll Erderwärmung stoppen

Im Mai 2021 verbreitete das Finanzministerium erste Eckpunkte für das Vorhaben. Im August stellte sich dann die Bundesregierung hinter den Plan. Scholz sagte damals, der Klimaclub solle sicherstellen, „dass Klimaschutz international ein Standortvorteil ist“ – und eben nicht das Gegenteil. Viel ist seitdem wegen der Bundestagswahl und dem Regierungswechsel nicht passiert.

Mitglieder des Klimaclubs sollen Staaten werden, die sich dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens verschrieben haben und das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 anstreben. Scholz will dabei nach und nach die größten CO2-Verursacher an Bord holen. Im Visier hatte er von Anfang an neben europäischen Ländern zunächst die USA und weitere G7-Staaten, die für 21 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes stehen.

Erst später sollen auch China, Indien und andere G20-Länder mit in die Initiative einbezogen werden. Die Hoffnung ist, dass das abgestimmte Vorgehen im Klimaschutz nach und nach „globale Sogwirkung“ entfalten wird.

Bei den G7-Beratungen über den Kampf gegen die Erderwärmung sei der Klimaclub „einer der absolut entscheidenden Punkte“, hieß es vor dem Gipfel in Elmau aus dem Umfeld von Scholz. Ziel sei „ein kooperatives Modell der Erreichung der Klimaneutralität“. Dabei müsse auch vermieden werden, „dass wir über die Einführung von gegenseitigen Umweltzöllen gegeneinander arbeiten“.

Die Mitglieder sollen deshalb ihre klimapolitischen Instrumente untereinander abstimmen, beschrieb das Finanzministerium im vergangenen Jahr das Projekt. Dabei solle ein Rahmen geschaffen werden, „der ihre jeweiligen Industrien und Volkswirtschaften vor Wettbewerbsnachteilen schützt“.

Weiteres Ziel ist es, Vergleichbarkeit bei den Regelungen zum Klimaschutz herzustellen. Die Mitglieder sollen daher besprechen, „wie man zu einer gemeinsamen Messung des CO2-Gehalts von Produkten und Materialien kommen kann“. Dabei geht es auch darum, inwieweit bei CO2-Preisen Steuern und Abgaben sowie Begünstigungen und Subventionen mit eingerechnet werden. Außerdem sollten „gemeinsame Leitmärkte für klimaneutrale Grundstoffe wie Stahl geschaffen und der gemeinsame Aufbau einer Versorgung mit grünem Wasserstoff vorangetrieben werden“.