Gas-Krise: Industriepräsident fordert Strom aus Kohlekraftwerken
Deutschland bekommt weniger Gas aus Russland. Der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, wagt deshalb einen ungewöhnlichen Vorstoß.

Vor dem Hintergrund gedrosselter Gaslieferungen aus Russland fordert der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, übergangsweise wieder mehr Strom aus Kohle zu erzeugen. „Mein Appell ist: Jetzt schon die Gasverstromung stoppen und sofort die Kohlekraftwerke aus der Reserve holen“, sagte Russwurm den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben).
„Wenn die Versorgungslage im Sommer sich tatsächlich so schwierig entwickelt, wie es aktuell wahrgenommen wird, müssen wir diese Option jetzt sofort ziehen.“ Der Import von Strom aus Nachbarländern habe seine Grenzen, ergänzte der BDI-Präsident. Der russische Gazprom-Konzern hatte in den vergangenen Tagen seine Lieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland um 60 Prozent verringert. Die Bundesnetzagentur erklärte am Freitag, die Lage sei „angespannt“.
Russwurm hält Fahrverbote und Tempolimit für nicht sinnvoll
Ob Deutschland jetzt oder dann im Winter mehr Kohle verstrome, sei „für die CO2-Emissionen nicht erheblich, aber so sichern wir uns zumindest höhere Füllstände in den Gasspeichern“, argumentierte Russwurm. Es gehe jetzt „um kurzfristige Überbrückungsmaßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung“, nicht um den generellen Kohleausstieg. Dieser soll nach bisherigen Plänen der Regierungskoalition von 2038 auf 2030 vorgezogen werden.
Russwurm wandte sich zugleich gegen Fahrverbote und gegen ein Tempolimit, um Energie zu sparen. „Anders als in den 70er Jahren muss man heutzutage für alle möglichen Dinge raus aus dem Dorf. Wenn der Staat der Landbevölkerung sagt, dass sie ihr Dorf am Sonntag nicht mehr verlassen darf, führt das zu nichts Gutem.“ Zur Frage eines Tempolimits auf Autobahnen sagte er: „Die Menschen werden sich aus freien Stücken richtig verhalten, wenn sie sehen, was ihr Energieverbrauch kostet. Und wer es nicht tut, wird einen sehr hohen Preis dafür zahlen müssen.“
