Russland droht Asow-Kämpfern aus Mariupol mit Todesstrafe

Die russisch kontrollierte Volksrepublik Donezk will die ukrainischen Kämpfer aus dem Stahlwerk Asowstal vor Gericht stellen. Sie drohen mit der Todesstrafe.

Nach der Eroberung des Stahlwerks: Ein russischer Soldat steht in einem Zimmer im Stützpunkt des ukrainischen Asow-Regiments.
Nach der Eroberung des Stahlwerks: Ein russischer Soldat steht in einem Zimmer im Stützpunkt des ukrainischen Asow-Regiments.dpa/Alexander Zemlianichenko

Ukrainischen Soldaten des Asow-Regiments, die sich im ostukrainischen Mariupol ergeben haben, droht nach den Worten eines führenden Vertreters der von Russland kontrollierten, selbsternannten Volksrepublik Donezk die Todesstrafe. Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitierte Jurij Sirowatko, den Justizminister der „Volksrepublik“, am Montag mit der Aussage, für die „Straftaten“, die den Kämpfern vorgeworfen würden, „haben wir die schwerste Strafe: die Todesstrafe“.

Alle Kriegsgefangenen befänden sich auf dem „Gebiet der DNR“ (DNR ist die russische Kurzform für die Donezka Narodna Respublika), also der selbst ernannten Volksrepublik. Unter den erwähnten Gefangenen sind laut russischen Angaben 2300 Kämpfer aus dem Asow-Stahlwerk. Sirowatko ergänzte, das Asow-Regiment werde von den russischen Besatzungsbehörden „als terroristische Organisation betrachtet“, gegen alle ihm angehörigen Kämpfer werde „strafrechtlich ermittelt“. Zuvor waren auch Forderungen von Abgeordneten der russischen Staatsduma laut geworden, die eine Verurteilung der Verteidiger von Mariupol sehen wollen.

Hunderte ukrainische Kämpfer, die die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer verteidigten, hatten sich zwischen dem 16. und 20. Mai ergeben, nachdem sie wochenlang in den unterirdischen Tunnels des Asow-Stahlwerks ausgeharrt hatten. Mariupol war wochenlang von russischen Truppen belagert und Stück für Stück erobert worden. Während der Belagerung waren immer wieder Evakuierungen wegen des russischen Beschusses gescheitert. Die humanitäre Lage in der Stadt soll laut Berichten von Augenzeugen katastrophal gewesen sein. Erst am Montag waren neue Schätzungen des ukrainischen Bürgermeisters aufgetaucht, nach denen dem russischen Angriff auf Mariupol mindestens 25.000 Zivilisten zum Opfer gefallen sein sollen.

Russland bezeichnet Asow-Regiment bis heute als „Neonazi-Organisation“

Unter ihnen waren Mitglieder des Asow-Regiments, einer früheren paramilitärischen Einheit, die später in die ukrainische Armee integriert wurde. Das Asow-Regiment hatte früher Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen, die russische Regierung bezeichnet es daher bis heute als „Neonazi-Organisation“.

Die Regierung in Kiew hat mehrfach erklärt, die Asow-Kämpfer gegen russische Kriegsgefangene austauschen zu wollen. Moskau erklärte hingegen, die ukrainischen Kämpfer sollten vor Gericht gestellt werden.

Am Sonnabend hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der französische Präsident Emmanuel Macron in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Freilassung der gefangenen Kämpfer aus dem Asow-Stahlwerk gefordert.