Gender Pay Gap: Frauen verdienen im Durchschnitt 18 Prozent weniger
Noch immer klafft beim Gehalt eine große Lücke zwischen Männern und Frauen. Der Verdienstunterschied in Ostdeutschland ist aber deutlich geringer.

Frauen haben im vergangenen Jahr in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte, erhielten Frauen durchschnittlich 20,05 Euro und damit einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer.
Im langfristigen Vergleich sank der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap. Zu Beginn der Messung im Jahr 2006 habe der geschlechterspezifische Verdienstabstand noch 23 Prozent betragen, hieß es. Nach wie vor sei der Verdienstunterschied in Ostdeutschland deutlich geringer als in Westdeutschland. In Ostdeutschland lag er 2022 bei sieben Prozent, in Westdeutschland bei 19 Prozent.
Das sind die Gründe für den Gender Pay Gap
Der Verdienstabstand ist laut Bundesamt teils darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Zum anderen seien Frauen häufiger in Teilzeit beschäftigt, was auch mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einhergehe.
Ein Teil des Verdienstunterschieds könne jedoch nicht durch die im Schätzmodell verfügbaren Merkmale erklärt werden. Dieser unerklärte Teil ergebe ein bereinigtes Gender Pay Gap im Jahr 2022 von sieben Prozent. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie pro Stunde sieben Prozent weniger als Männer.
Bei vergleichbarer Tätigkeit sogar größere Verdienstlücke als 2018
Beim „bereinigten Wert“, der nur alle vier Jahre erhoben wird, gab es im Vergleich zu 2018 eine Verschlechterung um einen Prozentpunkt. Damals lag die bereinigte Verdienstlücke bei sechs Prozent.
Im EU-Vergleich steht Deutschland beim sogenannten Gender Pay Gap schlecht da. „Die Entgeltlücke in Deutschland ist nach wie vor eine der höchsten in der Europäischen Union“, erklärte dazu die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack. Der DGB verweist auf Berechnungen des Statistischen Bundesamts, wonach die Verdienstlücke im EU-Durchschnitt 13 Prozent beträgt. Das sind fünf Prozentpunkte weniger als in Deutschland, das damit EU-weit auf dem viertletzten Platz liegt. Noch schlechter ist die Lage nur in Lettland, Estland und Österreich. Spitzenreiter sind Luxemburg und Rumänien mit einem beziehungsweise zwei Prozent.
Gender Pay Gap als Wettbewerbsnachteil für Deutschland
Der DGB sieht sieht dringenden Handlungsbedarf. Die hohe Entgeltlücke sei nicht nur „ein eklatantes Gerechtigkeitsproblem“, sondern auch „ein echter Wettbewerbsnachteil“ für die deutsche Wirtschaft, warnte Hannack. „In der Debatte um Fachkräftegewinnung geht leider viel zu oft unter, dass Entgeltgleichheit ein wichtiger Faktor ist, wenn es um die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit geht.“
Verringern werde sich die Entgeltlücke allerdings erst dann, „wenn die personennahen Dienstleistungsberufe endlich aufgewertet werden“, erklärte die DGB-Vize weiter. Gerade Beschäftigte in frauendominierten Berufen wie in der Pflege und in den Kitas, müssten „schlicht mehr verdienen“. Damit könne man zugleich „diese systemrelevanten Berufe attraktiver machen“.
Kritik an der Ermittlung des Gender Pay Gap äußerte die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Es sei wenig aussagekräftig, Männer und Frauen mit völlig unterschiedlichen Qualifikationen, Berufen und Erwerbsbiografien miteinander zu vergleichen, erklärte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. In Bayern ist die Verdienstlücke mit 21 Prozent besonders groß.
