„Giftige Substanz“: Ricarda Lang warnt vor Einsatz von Chemiewaffen
Das ukrainische Asow-Regiment fürchtet, in Mariupol mit Chemiewaffen attackiert worden zu sein. Prorussische Separatisten streiten einen Giftgas-Angriff ab.

Die Ko-Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, hat sich besorgt über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen durch die russische Armee in der Ukraine geäußert. „Das wäre ein historischer Bruch seit dem Ersten Weltkrieg hier in Europa“, sagte Lang den Sendern RTL/ntv am Dienstag. Sollte sich der Verdacht auf einen Einsatz in der Stadt Mariupol bestätigen, müsse darauf mit härteren Sanktionen reagiert werden. „Dann wird es eine Reaktion darauf geben, die dem entspricht“, sagte Lang. „Chemiewaffen, das ist eine Unmenschlichkeit, eine Bestialität, das ist das Böse in Reinform.“
Das ukrainische Asow-Regiment, das in Mariupol kämpft, hatte am Montag auf Telegram erklärt, eine russische Drohne habe eine „giftige Substanz“ auf ukrainische Truppen und Zivilisten abgeworfen. Betroffene hätten danach unter Atemproblemen und neurologischen Problemen gelitten. Westliche Staaten wie Großbritannien prüfen derzeit diese Information.
Prorussische Separatisten haben den Vorwurf ukrainischer Kämpfer zurückgewiesen, sie hätten einen Giftgasangriff in der Hafenstadt Mariupol ausgeführt. Eduard Bassurin, ein Sprecher der Donezker Separatisten, sagte der russischen Agentur Interfax am Dienstag: „Die Streitkräfte der Donezker Volksrepublik haben in Mariupol keine chemischen Waffen eingesetzt.“ In der Nacht hatte das ultranationalistische ukrainische Asow-Regiment von einem solchen Angriff berichtet. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür allerdings auch von ukrainischer Seite nicht.
Verteidigungsministerium spekuliert über Phosphorkampfmittel
„Nach vorläufigen Angaben gibt es die Annahme, dass es wohl Phosphorkampfmittel waren“, sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Vormittag im ukrainischen Fernsehen. Endgültige Schlussfolgerungen könne es erst später geben. Welche Kampfmittel genau zum Einsatz gekommen sein sollen, sagte Maljar nicht. Das Risiko eines russischen Chemiewaffeneinsatzes sei jedoch groß, betonte sie.
Nach Angaben von Militärexperten spitzt sich die Lage in der weitgehend zerstörten und strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol zu. Die belagerte Stadt wird vor allem von Marineinfanterie verteidigt, die zu den Eliteeinheiten der Armee gehört. Das von extremen Nationalisten gegründete und dominierte Regiment Asow gehört hingegen zur Nationalgarde und untersteht damit formal dem Innenministerium.
Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge wird die Stadt von etwa 10.000 russisch geführten Soldaten belagert - auf ukrainischer Seite ist von weitaus weniger Kämpfern auszugehen. Früheren Angaben zufolge waren dort mindestens 3000 ukrainische Soldaten, von denen sich mittlerweile Hunderte ergeben haben. Die seit anderthalb Monaten andauernden Kämpfe fordern zudem auch täglich hohe Verluste an Toten und Verwundeten. Genaue Zahlen sind aber erst nach dem Ende der Kämpfe zu erwarten.
