Großstreik am Montag: Bahn stellt Fernverkehr komplett ein
Verdi und EVG planen für Montag einen Großstreik. Es soll zu Einschränkungen im Regional- und S-Bahn-Verkehr kommen, Fernzüge fahren nicht. Ist auch die BVG betroffen?

Pendler und Reisende in ganz Deutschland müssen sich am kommenden Montag auf weitreichende Einschränkungen im Bahn-, Luft- und Nahverkehr sowie auf Wasserstraßen einstellen. Mit einem großangelegten bundesweiten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie Verdi an dem Tag große Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen, wie beide Organisationen am Donnerstag in Berlin mitteilten. „Es wird im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen“, hieß es.
Betroffen sind von der beispiellosen Warnstreik-Aktion der Fern-, Regional-, und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.
Bahn kündigt Einstellung des Fernverkehrs für Montag an
Bei der Deutschen Bahn wird am Montag wegen eines großangelegten Warnstreiks der gesamte Fernverkehr bundesweit eingestellt. Auch im Regionalverkehr werde „größtenteils kein Zug fahren“, teilte der Konzern am Donnerstag mit.
Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. „Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 0 Uhr und endet um 24 Uhr“, teilten beide Gewerkschaften weiter mit.
Der #Fernverkehr der #DB wird wegen des Streiks am Montag, den 27.03.2023 eingestellt. https://t.co/QYxj1k5mRV
— Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ Berlin) (@VIZ_Berlin) March 23, 2023
Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, empfahl Reisenden, schon am Sonntag möglichst frühzeitig ans Ziel zu kommen. „Weil es durchaus Schichten geben kann, die schon ab Sonntagabend in den Montag hineingehen“, sagte er. „Dieser Streiktag wird massive Auswirkungen haben.“
Der Warnstreik im Verkehrssektor am kommenden Montag trifft auch den Regional- und S-Bahnverkehr in Berlin und Brandenburg. Der Hauptstadtflughafen BER wird hingegen zwar nicht direkt bestreit, wie die Gewerkschaft Verdi gemeinsam mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mitteilte. Gleichwohl dürften dort die Auswirkungen der Warnstreiks an anderen deutschen Flughäfen zu spüren sein.
Die @SBahnBerlin erwartet aufgrund des #Wanrstreiks am Montag, den 27.03.2023 massive Beeinträchtigungen im S-Bahn-Verkehr. Alternativ U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse der #BVG nutzen.
— Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ Berlin) (@VIZ_Berlin) March 23, 2023
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BVG wird nicht bestreikt
Im Gegensatz zu vielen anderen Fahrgästen in Deutschland müssen die Kunden der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in der Hauptstadt-Region allerdings nicht mit Arbeitsniederlegungen rechnen. „Noch bis Ende des Jahres 2023 gilt in Berlin Friedenspflicht“, erklärte Jeremy Arndt, der zuständige Verdi-Sekretär. Gleiches gelte im Land Brandenburg. So lange seien bei der BVG anders als anderswo keine Warnstreiks möglich. Bis Ende Dezember gelte eine Friedenspflicht, während der Ausstände illegal wären. Arndt bestätigte dies am Donnerstag.
Im Gegensatz zu anderswo seien die hier gültigen Tarifverträge für den Nahverkehr (TVN) nicht mit der Entgelttabelle des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TvöD), um den es bei dem bundesweiten Konflikt geht, verbunden. In Berlin sei der TVN ein „reiner Haustarifvertrag“ für die landeseigene BVG und deren Tochterunternehmen Berlin Transport (BT), sagte Arndt. Auch in Brandenburg hänge der betreffende Tarifvertrag nicht mit der bundesweiten Lohn- und Gehaltstabelle zusammen.
„Anfang 2024 wird es wieder eine Tarifrunde geben“, erklärt Arndt. Dann soll nach der Kündigung des Manteltarifvertrags mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband Berlin über eine neue Regelung dieser Art verhandelt werden. In Manteltarifverträgen geht es nicht um die Höhe der Bezahlung, sondern um Rahmenthemen wie Arbeitszeit, Urlaubsansprüche oder Arbeitsbedingungen. Löhne und Gehälter bei der BVG werden erst Ende 2024 wieder ein Thema sein, hieß es bei der Gewerkschaft. Je nachdem, wie die Verhandlungen laufen, sind Warnstreiks nicht ausgeschlossen – aber eben erst dann.
Unsere Busse und Bahnen sind am Montag, 27. März, wie gewohnt unterwegs. Die BVG wird nicht bestreikt. pic.twitter.com/979RcawAvV
— BVG U-Bahn (@BVG_Ubahn) March 23, 2023
Flughafenverband: Warnstreik trifft rund 380.000 Passagiere
Die Warnstreiks an Flughäfen betreffen den Gewerkschaften zufolge einerseits die Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, zum anderen örtliche Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit.
Der Warnstreik wird nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV Hunderttausende Flug-Passagiere treffen. „Rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können“, teilte der Verband am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Der ADV sprach von „Streikeskalation nach französischem Vorbild“. Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten.
Frankfurter Flughafen: Kein regulärer Passagierverkehr am Montag
Am Frankfurter Flughafen findet am kommenden Montag kein regulärer Passagierverkehr statt. „Alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen“, seien aufgrund des Warnstreiks ausgesetzt, teilte die Betreibergesellschaft Fraport mit.
Due to a strike by Germany’s VER.DI union, operations at Frankfurt Airport will be heavily disrupted throughout the day on 27 March. Passengers are strongly advised to refrain from traveling to the airport. Connecting flights from FRA will also be affected by the strike. pic.twitter.com/VHIK4zJXNF
— Frankfurt Airport (@Airport_FRA) March 23, 2023
Am Flughafen München findet angesichts der angekündigten Warnstreiks am kommenden Sonntag und Montag ebenfalls kein regulärer Passagier- und Frachtverkehr statt.
Auch die Schifffahrt wird stark beeinträchtigt sein. Sowohl zahlreiche Schleusen auf wichtigen Wasserstraßen würden bestreikt als auch der Hamburger Hafen, sagte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle. „In bestimmten Bereichen, da wird es nicht weitergehen“, betonte sie. Demnach werden große Schiffe beispielsweise den Hamburger Hafen nicht anlaufen können. Zudem soll es zu deutlichen Verzögerungen bei der Beladung von Schiffen kommen.
Verdi will zudem am Montag auch Straßentunnel bestreiken. „Wir werden bestimmte Tunnel in den Blick nehmen“, so Verdi-Vize Behle. Verdi könne zunächst noch nicht konkret sagen, welche Tunnel betroffen seien. Es würden aber bestimmte Tunnel geschlossen, „durch die man dann faktisch nicht fahren kann, beispielsweise der Elbtunnel“ in Hamburg.
Tarifkonflikt: Nächste Verhandlungsrunde am Montag
Mit den Aktionen erhöht Verdi den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.
Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt 5 Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt.
Der Nah- und Fernverkehr sowie Flughäfen in ganz Deutschland wurden schon vor mehr als 30 Jahren im Zuge eines mehrwöchigen Streiks gleichzeitig bestreikt. Bei diesem harten Arbeitskampf im öffentlichen Dienst im Frühjahr 1992 legten mehrere hunderttausend Beschäftigte zeitweise die Arbeit nieder. Dabei handelte es sich aber um einen regulären Arbeitskampf, nicht um Warnstreiks.
